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Corona-Session im Nationalrat Mattea Meyer: «Beim Covid-Gesetz besteht Handlungsbedarf»

SP-Nationalrätin Mattea Meyer spricht im Interview über ihre Kandidatur für das Co-Präsidium der SP Schweiz und über die ausserordentliche Corona-Session im Nationalrat.

Mattea Meyer

SP-Co-Präsidentin

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Mattea Meyer wurde 2015 in den Nationalrat gewählt. Zuvor war die Winterthurerin Gemeinde- und Kantonsrätin sowie Vize-Präsidentin der Juso Schweiz. Seit Oktober 2020 steht sie zusammen mit Cédric Wermuth an der Spitze der SP Schweiz.

SRF News: Wie tagt es sich in diesem «Plexiglas-Corona-Parlament»?

Mattea Meyer: Schon etwas unüblicher als normal in diesen Plexiglas-Kästen, auch mit der Maske in der Wandelhalle, aber es geht. Und wir sind ja hier, um Politik zu machen.

Blick in den Nationalratssaal, wo die Parlamentarier einzeln hinter Plexiglasscheiben sitzen.
Legende: Die Nationalrätinnen und Nationalräte tagen hinter Plexiglasscheiben – ein ungewohnter Anblick. Im Bild ist die SP-Fraktion zu sehen. Keystone

Sie haben heute Morgen mit einer ausserordentlichen Session Politik gemacht, die ihre Fraktion eingebracht hat. Allerdings hatten sich die meisten Geschäfte schon erledigt. War dieser Morgen sinnlos?

Die ausserordentliche Session kommt einige Monate zu spät. Wir haben sie verlangt, weil sich der Bundesrat geweigert hat, die Entschädigung für Selbständige, für Geschäftsinhaber, die von der Krise betroffen sind, Ende Mai weiterzuführen. Das hat uns gezwungen, die Session einzuberufen. Leider konnte sie erst heute stattfinden.

Sie schieben die Schuld auf den Bundesrat. Aber Sie hätten es auch zurückziehen können, das meiste hat sich erledigt.

Das meiste hat sich erledigt, das stimmt. Wir haben eine Forderung zurückgezogen, dass die Entschädigung für Betroffene bis Mitte September weitergeführt wird. Da hat der Bundesrat eingewilligt.

Die SVP hat mit ihrer Motion dasselbe gefordert wie das, wofür wir bei der SP seit Monaten kämpfen.

Aber es bestehen weiterhin Lücken – insbesondere bei der Reisebranche, die Konkurs gehen könnte. Für solche Personen wäre unsere Motion wichtig gewesen.

Da ist die SVP mit einer Motion in die Lücke gesprungen, um die Selbstständigen weiterhin zu unterstützen. Haben Sie die Hilfe der SVP gebraucht?

Es geht nicht um Parteipolitik, sondern darum, dass wir etwas erreichen für die Menschen, die unverschuldet in diese Situation geraten sind. Die SVP hat mit ihrer Motion dasselbe gefordert wie das, wofür wir bei der SP seit Monaten kämpfen – dass die wirtschaftliche Existenz von Geschäftsinhabern und Selbstständigen erhalten wird und es keine Arbeitslosen gibt.

Wo ist der grösste Handlungsbedarf in Sachen Entschädigungen?

Der grösste Handlungsbedarf wird bei der Beratung des Covid-Gesetzes da sein, weil die Entschädigungen Mitte September auslaufen. Der Bundesrat sieht im Covid-Gesetz nur vor, dass weiter Hilfe geleistet werden kann, wenn ein Verbot besteht.

Es braucht nicht nur eine Entschädigung, wenn man die Arbeit unterbrechen muss, sondern auch, wenn man einen massiven Einbruch hat.

Wir alle könnten reisen, Veranstaltungen könnten stattfinden; aber es wird nicht gereist, Veranstaltungen finden nicht statt, weil sie Planungssicherheit brauchen. Für diese Fälle braucht es unsere Anträge, in denen wir fordern, dass es nicht nur eine Entschädigung gibt, wenn man die Arbeit unterbrechen muss, sondern auch, wenn man einen massiven Einbruch hat.

Das ist die letzte Session, die sie als «normale» Parlamentarierin absolvieren. Was kann man von der SP-Präsidentin Meyer erwarten?

Man kann dasselbe erwarten, wie bisher: Den Menschen zuhören, die in schwierigen Situationen sind, und gemeinsam Lösungen finden. Und im Fall der Coronakrise dafür sorgen, dass die Kaufkraft erhalten wird, dass es keine Arbeitslosen gibt. Dafür steht die SP.

Mattea Meyer im Gespräch mit SP-Kollege Cedric Wermuth, er gestikuliert.
Legende: Das frühere Juso-Präsidium Mattea Meyer und Cédric Wermuth könnte die SP künftig in die Zukunft führen. Keystone

Sie haben mit Cedric Wermuth die Juso geführt – damals konnten Sie provozieren. Das können Sie jetzt nicht mehr, weil Sie vor der Partei, dem Parlament und vor dem Volk bestehen müssen...

Provokation ist nie nur Selbstzweck. Das Beispiel von heute zeigt, wie wichtig es ist, dass wir alle Betroffenen, die gesagt haben, wir haben eine Entschädigung verdient, im Parlament unterstützen. Das werden wir auch in der Zukunft tun.

Das Gespräch führte Urs Leuthard.

Tagesschau, 8.9.2020, 18:00 Uhr ; 

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