«Ich habe die Wahl!» Mit diesem Slogan sammelt ein Komitee aus Impfgegnern zurzeit Unterschriften für eine Volksinitiative. Sein Hauptargument ist, dass jede und jeder selber wählen können muss zwischen Impfen und Nicht-Impfen.
Das ist exakt die Situation, die wir heute bereits haben: Niemand in der Schweiz kann zur Covid-Impfung gezwungen werden. Jede und jeder hat die Wahl. Mit Impfung ist man geschützt und schützt wahrscheinlich auch andere. Ohne geht das Testen weiter und wohl auch die Pandemie. Man hat die Wahl.
Wer die Impfung wählt, tut etwas für alle
Möglichst viele Impfungen können in Zukunft – sollten die Hospitalisierungen wieder gefährlich ansteigen – einen weiteren Shutdown verhindern. Geschäftsschliessungen, die Tausende finanziell ruinieren. Wer die Impfung wählt, tut also etwas für uns alle: Er oder sie schützt nicht nur sich selber, sondern die ganze Gesellschaft vor den Konsequenzen der Pandemie.
Nun zeigt sich in vielen Ländern: Die Durchimpfung gerät bei rund der Hälfte der Bevölkerung ins Stocken. Zu viele Menschen warten weiterhin ab oder sind gegen die Covid-Impfung. Diese vielen Mitbürgerinnen und Mitbürger tragen aus freien Stücken – sie haben die Wahl – weniger zur Bewältigung der Pandemie bei als Geimpfte. Ihre freie Wahl, sich (noch) nicht impfen zu lassen, beeinträchtigt jene, welche sich für eine Impfung entschieden haben: Die Pandemie dauert für alle an, die Intensivstationen könnten sich wieder gefährlich füllen.
Zertifikatsausweitung bringt sanften Druck
Vor dieser Situation sind wir dank Massnahmen, aber vor allem dank der bisher Geimpften, noch weit entfernt. Was aber, wenn die Pandemie wegen zu niedriger Durchimpfung wieder Fahrt aufnimmt? Es ist richtig, sich schon heute damit auseinanderzusetzen, wie das Christoph Berger tut. Der Präsident der Impfkommission befürwortet eine Ausdehnung des Zertifikats . Heisst: Dass es auch für den Besuch von kleineren Veranstaltungen (heute nur ab 1000 Besuchern), Museen oder Restaurants ein Zertifikat bräuchte.
Ja, so würde es auch einen sanften Druck hin zu noch mehr Impfungen geben. Das nützt allen – auch den Ungeimpften. Ungeimpfte profitieren von Geimpften wie Trittbrettfahrer. Wer sich dennoch nicht impfen will, hat noch immer die Wahl: Testen (und ungeschützt bleiben) oder gar nicht ins Museum gehen.
Impf-Belohnung hat Beigeschmack
Italien hat soeben die Zertifikatspflicht auf weitere Bereiche ausgedehnt. Andere Länder prüfen es. Wieder andere wollen mit Geldanreizen zu mehr Impfungen kommen. Oder mit Gratis-Bratwurst. Es hat allerdings ein «Gschmäckli», wenn jemand nur mit einer Wurst etwas tut, das nicht nur ihm, sondern der ganzen Gesellschaft zugutekommt. Oder soll man jenen, die sich bereits impfen liessen, im Nachhinein dafür auch Geld überweisen?
Eine aktuelle Studie aus Deutschland kommt zum Schluss: Über 19 Länder betrachtet akzeptieren im Schnitt 72 Prozent der Bevölkerung eine Impfung – viel mehr, als tatsächlich bereits geimpft sind. Und: Das Zertifikat als Anreiz für die Impfung funktioniert; besonders für Junge ist mehr «Normalität», welche das Zertifikat mit sich bringt, ein starkes Argument.
Der Anreiz via Covid-Zertifikat ist ein guter Weg, er setzt auf die so wichtige Freiwilligkeit: Man hat die Wahl.