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Diskussion um Frühfranzösisch «Ist schwierig geworden, Junge für Landessprachen zu begeistern»

Der Französischunterricht soll in Zürich vom Stundenplan der Primarschüler verschwinden und erst in der Sekundarschule stattfinden. Das hat das Zürcher Kantonsparlament am Montag entschieden. Was das für den Zusammenhalt in der mehrsprachigen Schweiz bedeuten könnte, erklärt Sprachwissenschaftler Daniel Elmiger.

Daniel Elmiger

Sprachwissenschaftler

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Daniel Elmiger ist Sprachwissenschaftler und ausserordentlicher Professor an der Universität Genf. Er beschäftigt sich unter anderem mit dem Fremdsprachen-Unterricht in der Schweiz.

SRF News: Welche Bedeutung haben Sprachen für den Zusammenhalt in der mehrsprachigen Schweiz?

Daniel Elmiger: Wir leben in einem Land, das wenige Sachen hat, die uns zusammenhalten. Sprachen sind entscheidend für das Verständnis verschiedener Kulturen und ein echtes Zusammenleben, nicht nur ein technisches.

Was geht verloren, wenn die Sprachenvielfalt abnimmt?

Die Neugier auf andere und auch das Verständnis dafür, was denn eigentlich die anderen bewegt und was los ist in den anderen Landesteilen. Ein Beispiel: Die Westschweiz ist verärgert, weil Französisch in Zürich mit der aktuellen Debatte als unwichtig angesehen wird. Die Westschweiz fühlt sich übergangen.

Zu oft kommt es vor, dass man Fremdsprachen quasi auf Vorrat lernt und sie überhaupt nie einsetzen kann.

Studien zeigen kaum Unterschiede zwischen frühem und spätem Sprachenlernen. Spricht das gegen Frühfranzösisch?

Es gibt verschiedene Studien, es geht da teilweise um andere Sprachen. Es ist nicht leicht, diese ganze Forschungsarbeit wirklich passend für das heutige Umfeld zu interpretieren. Wichtig ist: Man braucht Leute, die motiviert sind und diese Sprache auch gebrauchen können. Zu oft kommt es vor, dass man Fremdsprachen quasi auf Vorrat lernt und sie überhaupt nie einsetzen kann.

Besteht die Gefahr, Kindern früh die Lust am Sprachenlernen zu nehmen?

Ich erlebe wirklich sehr oft, dass es sehr schwierig geworden ist, die Jungen für eine Landessprache zu begeistern. Probleme entstehen, wenn Lehrpersonen die Sprache nicht wirklich verkörpern können, sie nicht authentisch ist und man nichts damit anfangen kann.

Mit dem Englischen ist man konstant und praktisch überall im Internet mit dem Smartphone in Kontakt.

Es gibt eine Minderheit von Schülerinnen und Schülern, die heute überhaupt einen Aufenthalt in einem anderen Sprachgebiet der Schweiz machen während ihrer Schulzeit. Die Mehrheit erhält also gar nie die Gelegenheit, diese Sprache als gesprochene Sprache zu erleben. Das ist beim Englischen ganz anders, weil sie damit konstant und praktisch überall im Internet mit ihren Smartphones in Kontakt sind. 

Was, wenn zwischen den Sprachregionen hauptsächlich Englisch gesprochen wird?

Das ist eine sehr instrumentelle Sicht. Wenn Sie zum Beispiel Kundenkontakt haben mit Menschen aus einer anderen Sprachregion, dann sollten Sie diese Sprache trotzdem auch mit den Kunden sprechen können. Ich habe es oft erlebt, dass Junge nach der Schule gemerkt haben, dass es trotzdem gut gewesen wäre, wenn sie Deutsch oder Französisch gelernt hätten. Dann ist es leider zu spät. Sprache ist mehr als nur Informationsaustausch, sie fördert auch das Interesse an anderen Kulturen.

Das Gespräch führte Oliver Kerrison.

Heute Morgen, 2.9.2025, 8 Uhr ; 

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