Wieder einmal verkündet der Bundesrat, dass die Krankenkassenprämien im kommenden Jahr weiter steigen. Dazu fordert die Pharmaindustrie höhere Medikamentenpreise – denn die USA machen Druck. Gesundheitsministerin Elisabeth Baume-Schneider stellt im Gespräch mit SRF klar: Dass die Prämienzahlenden künftig mehr für Medikamente zahlen, kommt nicht in Frage.
SRF News: Frau Bundesrätin, wissen Sie, wie viel Krankenkassenprämien Sie im nächsten Jahr bezahlen müssen?
Elisabeth Baume-Schneider: Ich weiss es nicht genau, aber es wird ein wenig teurer sein.
Eine vierköpfige Familie wird nächstes Jahr im Schnitt 15'000 Franken Prämie bezahlen. Vor zehn Jahren waren es noch unter 10'000 Franken. Was sagen Sie dieser Familie?
Ich verstehe, dass es schwierig ist, vielleicht braucht die Familie auch Hilfe vom Kanton, mit Prämienverbilligungen. Aber man muss schon sehen, dass wir ein sehr gutes Gesundheitssystem haben, und die Leute haben Vertrauen in dieses System.
Ich will nicht moralisch sein und fordern, man müsse weniger Leistungen beziehen. Aber wenn man auf etwas verzichten kann, sollte man das auch tun.
Aber was macht die Familie dann? Die Krankenkasse wechseln oder ein anderes Modell wählen, wenn es zu teuer ist?
Das kann sie machen. Aber sie muss auch schauen, ob sie Prämienverbilligung vom Kanton erhalten kann. Das wird jetzt in allen Kantonen etwas besser werden, weil der Gegenvorschlag zur Prämien-Entlastungs-Initiative angenommen wurde.
Vor einem Jahr, als sie die letzten Prämienerhöhungen angekündigt haben, haben Sie die Leute eingeladen, weniger Leistungen in Anspruch zu nehmen. Das hat offenbar nicht funktioniert.
Ich denke, es gibt eine Verantwortung, und zwar in der Beziehung vom Arzt, von den Spitälern zu den Leuten. Ich will nicht moralisch sein und fordern, man müsse weniger Leistungen beziehen. Aber wenn man auf etwas verzichten kann, zum Beispiel Doppelspurigkeiten, an denen zum Teil auch die Ärzte schuld sind, dann sollte man verzichten.
Die Gesundheitsleistungen pro Kopf nehmen jedes Jahr zu. Die Leute gehen einfach zu viel zum Arzt, nicht?
Ich weiss nicht, ob sie zu viel gehen. Die Leute werden älter, es gibt mehr chronische Krankheiten, es gibt neue Medikamente und neue Möglichkeiten, geheilt zu werden.
Es kommt nicht in Frage, dass eine Preiserhöhung durch die Prämienzahlenden bezahlt wird.
Sie hatten am Montag ein Treffen mit der Pharmaindustrie. Diese will höhere Medikamentenpreise, obwohl die Preise in der Schweiz jetzt schon zu den höchsten in Europa gehören.
Es ist nicht die Frage, ob sie höhere Medikamentenpreise bekommen oder nicht. Für die Pharma ist es jetzt eine schwierige Zeit, gerade was in Amerika passiert. Deshalb müssen wir über die Standortpolitik für die Pharma diskutieren. Es kommt aber nicht in Frage, dass eine Preiserhöhung durch die Prämienzahlenden bezahlt wird.
Aber wenn die Medikamente teurer werden, dann müssen wir als Prämienzahler das am Schluss doch bezahlen?
Es gibt andere Möglichkeiten, die Standortbedingungen zu verbessern. Zum Beispiel bei der Forschung.
Nun gibt es eine Prämienerhöhung von 4.4 Prozent, die letzten drei Jahre waren es deutlich mehr, zum Teil über 8 Prozent. Ist das jetzt die Trendwende?
Es ist schon besser als die drei vorherigen Jahre, aber es ist noch nicht genug. Man muss noch mehr schauen, wo man die Kosten dämpfen kann. Aber das braucht die Verantwortung aller Partner, der Kantone, der Tarifpartner, der Krankenkassen und auch des Parlaments.
Das Gespräch führte Urs Leuthard.