An der Delegiertenversammlung im Oktober will die FDP Stellung beziehen zum EU-Vertragspaket. Bis jetzt hielt sich die Partei - die sich selbst als «führende Wirtschaftspartei» bezeichnet - bedeckt, was bei einigen Wirtschaftsverbänden für Stirnrunzeln sorgte. In den kantonalen FDP-Sektionen läuft die Meinungsbildung. Kürzlich hat die FDP des Kantons Schwyz zu einem kontroversen Podium mit hochrangigen Gästen geladen. Der Abend zeigt: Die Basis in der Innerschweiz ist skeptisch.
Nein zum Vertrag? – «Eine gefährliche Option»
Für Urs Rhyner – Präsident der FDP-Schwyz – gehört es zur politischen Arbeit, meinungsbildende Anlässe zu organisieren. Deshalb sagt er an dem Anlass in einem Hotel in Brunnen: «Es ist wichtig, die Faktenlage zu kennen. Ich bin eher kritisch eingestellt – könnte mich aber noch umstimmen lassen.» Genau das versuchen die beiden Gäste aus dem Pro-Lager: Alexandre Fasel, oberster Botschafter in Bern, und Seco-Chefin Helene Budliger Artieda.
Sie nennen einige der umstrittensten Punkte und führen aus: Von der dynamischen Rechts-Übernahme zur Streitbeilegung und zu Ausgleichs-Massnahmen, von der Zuwanderung, der Schutzklausel bis hin zum abgesicherten Lohnschutz. Von der Kosten-Nutzen-Studie bis zur Gefahr, dass ohne Vertrags-Paket der bilaterale Weg erodieren könnte – eine sehr gefährliche Option. Dann sei nicht klar, was komme.
Nein zum Vertrag? – «Die Schweiz steht besser da»
Gegen-Argumente liefert Alfred Gantner, Unternehmer und Gründer der Allianz Kompass Europa, die das Vertrags-Paket ablehnt. Seine Kernbotschaft: Die Schweiz steht in allen Bereichen besser da als die Länder der EU – warum sollte sie das aufs Spiel setzen?
Gantner hinterfragt die Kosten-Nutzen-Analyse des Seco und warnt vor ausufernder Bürokratie und einer EU, die sich wirtschaftlich ins Abseits steuere.
Die Meinung ist bei vielen gebildet
Viele der anwesenden FDP-Mitglieder hatten ihre Meinung schon gemacht. Der Abend habe nichts verändert, sagt ein Mann aus dem Publikum: «Ich wurde in meiner Ansicht bestätigt, der Vertrag ist nicht auf Augenhöhe.» Die Schweiz – so die Befürchtung – sitze am kürzeren Hebel.
Manchmal sind wir schon super Europäer, wir Schweizer.
Das sieht auch ein Unternehmer so: «Mein Unternehmen ist in der Luftfahrt tätig, hier gilt bereits seit 2006 die automatische Rechtsübernahme mit der EU und das bedeutet vor allem eins, neue Regeln und viel Bürokratie.» Er spricht von «automatischer» statt von «dynamischer Rechtsübernahme»: denn seine Erfahrung habe gezeigt, die Schweiz übernehme die EU-Regeln eigentlich immer, teils gar mit vorauseilendem Gehorsam: «Manchmal sind wir schon super Europäer, wir Schweizer.»
EU-Befürworter sind in der Minderheit
Es gibt auch einzelne Unentschlossene. Eine Frau sagt: «Ich denke, es gibt Sachen, die wir mit der EU regeln müssen, da wäre das Vertragspaket sinnvoll. Wenn ich mir aber die Gegenargumente anhöre, dann komme ich wieder ins Grübeln, ob die Verträge wirklich förderlich sind für die Schweiz.»
Die Befürworter sind an diesem Abend in der Minderheit, ein Mann etwa ist der Meinung: «Wenn wir Nein stimmen, dann sind wir keinen Schritt weiter. Wir leben in Europa und sind auf gute Beziehungen angewiesen, wir können nicht immer den Fünfer und das Weggli haben.» Für den Kantonalpartei-Präsidenten Urs Rhyner war der Abend informativ, festlegen möchte er sich noch nicht. Bis zur Delegierten-Versammlung der FDP-Schweiz im Oktober bleibt ihm noch etwas Zeit.