Die Weiterentwicklung der bilateralen Verträge und dazu noch neue Abkommen, besonders für den Stromhandel: Das neue Vertragspaket mit der EU soll vor allem der Wirtschaft zugutekommen. Der Bundesrat will den einfachen Marktzugang in die EU-Staaten auch in Zukunft sichern. Doch will die Wirtschaft diese neuen Verträge überhaupt? Das war zeitweise nicht so klar, viele kritische Stimmen aus der Wirtschaft dominierten die öffentliche Debatte.
Doch nun positionieren sich Economiesuisse und Arbeitgeberverband heute an einer Medienkonferenz deutlich; das Fazit sei positiv. Die Fortsetzung des bilateralen Wegs sei im Interesse der Schweiz: «Man kann das generell als Signal an die politischen Parteien betrachten», erklärt Economiesuisse-Präsident Christoph Mäder. Man hoffe, dass die Parteien die Beurteilung von Economiesuisse und Arbeitgeberverband miteinbeziehen werden.
FDP will erst im Oktober entscheiden
Im Moment läuft die Vernehmlassung zum neuen EU-Vertragspaket. Im Parlament haben sich zwei Bundesratsparteien bisher deutlich positioniert. Die SVP lehnt das Vertragspaket klar ab. Die SP unterstützt die neuen Verträge.
Aber insbesondere die Wirtschaftspartei FDP fällt durch eine sehr zurückhaltende Kommunikation auf. Man werde das Vertragswerk, das seit einem Monat vorliegt, genau prüfen, erklärte die FDP. Erst an einer Delegiertenversammlung im Oktober soll dann die Position zu den neuen EU-Verträgen festgelegt werden.
Wenn sich die Wirtschaft jetzt so klar positioniert, wird es für die FDP enorm schwierig, da nicht mitzumachen.
Politgeograf Michael Hermann rechnet damit, dass die klare Zustimmung der beiden Wirtschaftsverbände auf die FDP ausstrahlen wird. «Die FDP ist im Parlament ganz entscheidend und sie ist auch zugleich sehr gespalten», analysiert Hermann. «Wenn sich die Wirtschaft jetzt so klar positioniert, wird es für die FDP enorm schwierig, da nicht mitzumachen.»
Die Zurückhaltung der FDP hat auch viel mit Präsident Thierry Burkart zu tun, der dem neuen Vertragspaket skeptisch gegenübersteht. Sein baldiger Rücktritt könnte ebenfalls dazu führen, dass sich die Partei deutlich EU-freundlicher positionieren wird.
Als erste Kantonalpartei hat sich die Genfer FDP vor zwei Wochen klar für das neue Vertragspaket ausgesprochen. Weitere Kantonalparteien werden wohl ebenfalls die Ja-Parole beschliessen.
Gewerbeverband ist gespalten
Economiesuisse und Arbeitgeberverband haben die Zustimmung zum neuen Vertragspaket gemeinsam entschieden. Der grosse Abwesende ist allerdings der dritte Dachverband der Wirtschaft, der Gewerbeverband. Die Gewerbekammer wird erst Ende Oktober über das Paket befinden.
Viele Gewerbler stehen den neuen Verträgen skeptisch gegenüber, wie kürzlich Fabio Regazzi, Mitte-Ständerat aus dem Tessin und Präsident des Gewerbeverbandes, erklärte. Es scheint offen, wie sich der Verband der kleineren und mehrheitlich inlandorientierten Unternehmen im Oktober entscheiden wird.
Zankapfel Lohnschutz
Einen Vorbehalt haben die Wirtschaftsverbände Economiesuisse und Arbeitgeberverband allerdings noch. In ihren Augen geht der mit den Gewerkschaften ausgehandelte Lohnschutz zu weit. Dass gewerkschaftliche Mitarbeitende einen Kündigungsschutz geniessen sollen, lehnen die beiden Dachverbände der Wirtschaft deutlich ab.
Die SP hingegen macht ihre Zustimmung auch von diesem Punkt abhängig. Im Parlament dürfte der Kündigungsschutz noch für Diskussionen sorgen.