Die FDP war in der letzten Legislaturperiode besonders erfolgreich. Sie habe sich am häufigsten von allen Parteien durchgesetzt, weiss der Politexperte Michael Hermann. «Das ist aussergewöhnlich – denn sonst hat jeweils die CVP am meisten Abstimmungen gewonnen.»
Powerplay von SVP und FDP
Hermann hat für SRF alle Abstimmungen im Nationalrat der letzten Legislaturperiode analysiert. Politisch am interessantesten war die Konstellation SVP und FDP zusammen gegen den Rest. Das betraf insbesondere die Sozial-, Energie- und Umweltpolitik. Die beiden Parteien erzielten bei den Wahlen 2015 ja eine hauchdünne rechtsbürgerliche Mehrheit im Nationalrat.
Tatsächlich gewannen SVP und FDP 60 Prozent der Abstimmungen, wenn sie bei einer Vorlage geschlossen auftraten. «Das ist deutlich mehr, als noch in der vorherigen Legislatur», so Hermann. Die FDP konnte der zu Ende gegangenen Legislatur also durchaus ihren Stempel aufdrücken, wenn auch vor allem in Zusammenarbeit mit der SVP.
Belastung für manchen Parlamentarier
Allerdings sind nicht alle FDP-Nationalräte von dieser rechtsbürgerlichen Mehrheit begeistert. So empfand etwa der Solothurner FDP-Nationalrat Kurt Fluri sie als Belastung. «Man hat damit Parlamentsmitglieder unter Druck gesetzt.» Deshalb ist er froh, dass SVP und FDP bei den Wahlen am 20. Oktober ihre rechtsbürgerliche Mehrheit verloren haben.
Fluri hofft, dass sich mit dem Verlust dieser SVP/FDP-Mehrheit für seine Fraktion neue Möglichkeiten auftun und die FDP als liberale Brückenbauerin in Erscheinung treten wird. Er glaubt, dass diese Brückenbauerfunktion künftig auch deshalb möglich sein wird, weil verschiedene FDP-Exponenten des rechten Randes abgewählt worden sind.
Liberale FDP attraktiver für viele Wählerinnen
Wenn die Fraktion künftig offener und ökologischer politisiere, werde die Partei auch wieder attraktiver für eine urbane und ökologisch eingestellte Wählerschaft – und natürlich auch für Frauen, ergänzt die Zürcher FDP-Nationalrätin Doris Fiala.
Auch Fiala sieht in der Abwahl von rechten FDP-Exponenten eine Chance, wenn auch jede Abwahl für die Fraktion schmerzlich sei. Allerdings vereinfache sich die parteiinterne Zusammenarbeit, wenn alle tendenziell am gleichen Strick zögen.
Fluri und Fiala sind trotz erfolgreicher Legislatur und trotz Verlusten mit dem Wahlresultat zufrieden. Sie sehen den Kurs von Parteipräsidentin Petra Gössi bestätigt. Denn die liberalen Kräfte seien bei den Wahlen gestärkt worden, der rechte Rand dagegen wurde geschwächt.
Geschwächter rechter FDP-Rand
Das zeigt sich etwa auch daran, dass andere Exponenten des rechten Randes zwar wiedergewählt wurden, jedoch mit einem schlechten Resultat. Dazu gehört etwa der Berner FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen. «Ob der neue Kurs erfolgversprechend ist, wage ich zu bezweifeln», sagt dieser kritisch.
Er setzt deshalb nicht auf Mitte-Links, sondern vielmehr auf SVP und CVP. Er hoffe, dass die CVP auch wieder mehr mitmachen werde, denn sie sei «extrem nach links abgerutscht.» Wasserfallen möchte so der zu erwartenden «akzentuierten links-grünen Politik» etwas entgegensetzen.
Die Stimmen aus der FDP zeigen zweierlei: Erstens dürfte es parteiintern noch Diskussionen über den richtigen Kurs geben. Und zweitens könnten im neuen Parlament durchaus neue Dynamiken und neue Mehrheiten entstehen.