Im März beschloss der Kantonsrat von Appenzell Ausserrhoden, das Frühfranzösisch abzuschaffen, anfangs September dann auch der Kanton Zürich. Jetzt zieht mit St. Gallen der nächste Kanton nach. Eine entsprechende Motion aller vier Fraktionen fand im Kantonsrat breite Zustimmung. Französisch soll künftig erst ab der Oberstufe unterrichtet werden.
Ein Antrag der SP/Grüne/GLP-Fraktion, der am Dienstagabend noch eingereicht wurde, wollte das Frühfranzösisch in der Primarstufe halten, Englisch aber in die Sekundarstufe verbannen. Er wurde aber abgelehnt.
Ordnungsantrag sorgt für Lacher
Für ein Schmunzeln im Ratssaal sorgte ein Ordnungsantrag des SVP-Kantonsrats Peter Kuster. «Ich bin dagegen, dass da hinten Französisch gesprochen wird.» Er stellte den Antrag, weil Ratskollege Andreas Bisig (GLP) seine gesamten Voten auf Französisch hielt. Dessen Kommentar: «Es ist vielleicht symptomatisch, dass es hierzu einen Ordnungsantrag gibt.» Der Ordnungsantrag selber wurde abgelehnt.
Mit dem Schlussentscheid, Frühfranzösisch abzuschaffen, bringt das Parlament die Regierung in eine Zwickmühle. Diese steht zwar ebenfalls hinter einer Verschiebung des Französischunterrichts in die Oberstufe, jedoch ist der Kanton St. Gallen seit 2008 Teil des Harmos-Konkordats. Dort ist der Fremdsprachenunterricht als Kompromiss unter den Kantonen geregelt.
Französisch ab der Oberstufe ist in den Deutschschweizer Kantonen bislang nur in den Kantonen Uri und Appenzell Innerrhoden Usus. Der Widerstand gegen das Frühfranzösisch wächst und wächst. In den Kantonen Thurgau und Glarus ist ein entsprechender Vorstoss hängig. Auch in anderen Regionen, etwa in Luzern oder dem zweisprachigen Bern, wachsen die Bedenken.
Schülerinnen und Schüler schneiden schlecht ab
Laut einer Untersuchung im Auftrag der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren (EDK) steht es schlecht um das Französisch der Schülerinnen und Schüler in der Deutschschweiz. Die Untersuchung ergab beim Lese- und Hörverständnis: Nur etwas mehr als die Hälfte der Jugendlichen erreicht nach der obligatorischen Schule die Minimalziele der EDK.
Die Resultate sind beunruhigend und ein Hinweis darauf, dass Anpassungen vorgenommen werden müssen.
Zuletzt äusserte sich auch die oberste Lehrerin der Schweiz zum Thema. Dagmar Rösler, Präsidentin des Dachverbands der Lehrerinnen und Lehrer Schweiz, sagte gegenüber SRF, es gelte jetzt mit einer sauberen Analyse herauszufinden, was falsch laufe. «Die Resultate sind beunruhigend und ein Hinweis darauf, dass Anpassungen vorgenommen werden müssen.»
Es sei noch zu früh, um zu sagen, welche Anpassungen das sein könnten, sagte Rösler. Die Tendenz in den Kantonen geht zu einer Überarbeitung, in welcher Schulstufe der Französischunterricht beginnt. Nach Appenzell Ausserrhoden, Zürich und St. Gallen dürften weitere folgen.