- Die geplante Abschaffung des Französischunterrichts an der Primarschule in Zürich ist laut Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider ein Affront für die Westschweiz.
- Der Entscheid ziele auf eine Entwertung der Landessprachen und Kultur ab, sagte sie der «SonntagsZeitung».
- «Das ist eine Entwicklung, die ich sehr ernst nehme», so die Bundesrätin im Interview weiter.
Der Bundesrat vertraue darauf, dass die Kantone die Sprachen-Frage selber regeln könnten. «Aber wir wissen auch, dass der Bund handeln muss, wenn die Kantone das nicht hinbekommen.»
Noch diesen Monat will die Bundesrätin das Thema in den Bundesrat bringen und die Optionen präsentieren. «Ich bin dafür, dass der Bund handelt und den Landessprachenunterricht auf Primarschulstufe vorschreibt», sagte sie weiter.
In der Westschweiz sei der Trend anders: Hier werde die Zahl der Deutschlektionen eher erhöht. «In der Romandie sprechen wir eben nicht von Frühdeutsch, und auch nicht von Fremdsprachen. Es ist für uns einfach ‹Deutsch›, eine Landessprache. Punkt. Auch wenn sie für manche schwierig oder mühsam ist, steht sie für die Romands als Primarschulfach nicht zur Diskussion», stellte Baume-Schneider klar.
Manche haben das Gefühl: ‹Wir Romands bemühen uns, während den Deutschschweizern die Landessprachen egal sind.› Das löst Enttäuschung aus.
Dass die Schweizer Schüler am Ende der Primarschule in Französisch schlecht abschneiden, ist für die Bundesrätin kein Grund dafür, diese Sprache erst später zu lernen. So hätten die Schülerinnen und Schüler in der Pisa-Studie etwa auch in Mathematik zeitweise schlecht abgeschnitten. «Dann hat man geschaut, wie sie sich verbessern können. Niemand wäre auf die Idee gekommen, den Matheunterricht auf die Oberstufe zu verschieben.»
Die Westschweiz reagiere daher irritiert auf den Entscheid. «Manche haben das Gefühl: ‹Wir Romands bemühen uns, während den Deutschschweizern die Landessprachen egal sind.› Das löst Enttäuschung aus», so die Bundesrätin weiter.
«Früher Einstieg hat Ziel nicht erreicht»
Der Zürcher Kantonsrat hatte am 1. September entschieden, Französisch in der Primarschule abzuschaffen. Mit 108 zu 64 Stimmen beauftragte er die Regierung, innert zwei Jahren die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, damit Französisch erst ab der Oberstufe und nicht wie heute bereits ab der fünften Klasse unterrichtet wird.
«Der frühe Einstieg in die zweite Landessprache hat das Ziel nicht erreicht», sagte Motionärin Kathrin Wydler (Mitte). Der Lehrplan sei überladen, viele Kinder beherrschten dadurch Basiskompetenzen nicht mehr ausreichend. Es brauche eine gezielte Entschlackung mit Fokus auf das Wesentliche. Das spätere Einsetzen des Französischunterrichts solle die Lernergebnisse verbessern, die Motivation fördern und Überforderung vermeiden.