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Fussball-Hilfspaket Nur FCB und FCZ sassen am Verhandlungstisch

Die meisten Clubs waren nicht dabei, als über die Fussball-Millionen des Bundes verhandelt wurde. Entsprechend heftig ist ihre Kritik.

Es musste schnell gehen. Mitte Mai verkündete Sportministerin Viola Amherd, dass sie den Fussballligen mit Darlehen von bis zu 200 Millionen Franken unter die Arme greifen will.

Ausgehandelt wurde das Hilfspaket zwischen dem Bund und der Swiss Football League über das Wochenende. Im kleinen Kreis. «Es ging zack, zack», sagt Liga-Präsident Heinrich Schifferle. «Wir hatten gar keine Gelegenheit, die Clubs zu informieren.»

Im Geschäftsleben läuft es manchmal anders, als man sich das in der Primarschule vorstellt.
Autor: Ancilla Canepa Präsident des FCZ

«Rundschau»-Recherchen zeigen: Bei den Verhandlungen waren nur der FC Basel und der FC Zürich mit von der Partie. Die anderen Clubs blieben aussen vor. «Sie können nicht mit 20 Personen in die Verhandlung gehen», begründet FCZ-Präsident Ancillo Canepa das Vorgehen. «Im Geschäftsleben läuft es halt manchmal anders, als man sich das in der Primarschule vorstellt.»

Geld, das keiner will

Ist das Hilfspaket ein Schnellschuss? Eine Umfrage der «Rundschau» bei den 20 Clubs der Super League und der Challenge League zeigt: Stand heute will kein Club einen Coronakredit beantragen.

Der Grund: Die Gelder sind an Bedingungen geknüpft. Steuergelder gibt es etwa nur, wenn der Lohndurchschnitt der Clubs, die ein Darlehen aufnehmen, insgesamt um 20 Prozent sinkt.

Unterdurchschnittliche Löhne

Das ist für viele Clubs undenkbar. «Ein Grossteil der Löhne bei uns ist weit unter dem Durchschnittslohn der Schweizer Erwerbstätigen», sagt András Gurovits, Vizepräsident bei GC. «Wenn jemand zwischen 3000 und 3500 Franken verdient, kann ich nicht sagen, du verdienst jetzt nochmals 20 Prozent weniger.»

Wir haben eindeutig mehr Spieler, die am Existenzminimum leben, als Millionäre.
Autor: Andreas Mösli Geschäftsführer des FC Winterthur

Ähnlich tönt es beim Kantonsrivalen FC Winterthur. Die Forderung nach einer Lohnsenkung sei reiner «Populismus», meint Geschäftsführer Andreas Mösli: «Es gibt das Klischee, dass alle Fussballer viel verdienen würden. Doch wir haben eindeutig mehr Spieler, die am Existenzminimum leben, als Millionäre.»

Auch in der Schweiz gibt es sie, die Spitzenverdiener – etwa bei Meister YB oder dem FC Basel. Doch sie bilden die Ausnahme. Der Durchschnittslohn in der Super League beträgt 13'900 Franken im Monat – in der Challenge League kommen die Fussballer im Schnitt auf 3800 Franken.

Schuldenfalle statt Befreiungsschlag

Nicht nur die Löhne bereiten den Clubs Bauchschmerzen. Auch die im Hilfspaket festgehaltene Solidarhaftung schreckt viele ab. Kann ein Club ein Darlehen nicht zurückzahlen, haften die anderen gemäss ihrem Umsatzanteil für die Schulden. Ein Schreckensszenario für viele.

«Ich weiss nicht, wie die anderen Vereine wirtschaften», sagt Winterthur-Chef Mösli. «Dennoch muss ich für etwas haften, das ich nicht beeinflussen kann. Ich finde das rechtlich gesehen, aber auch von der Fairness her eine komische Bedingung», sagt er.

Und was meinen die Clubs, die bei der Entstehung des Deals dabei waren? Der FC Basel lässt ausrichten, er empfinde das Paket der Behörden als «zielführend und weitsichtig». FCZ-Chef Canepa spricht von einer wertvollen «Anerkennung für den Spitzensport». Allerdings müsse man bei den umstrittenen Punkten noch «nachverhandeln». Viel Zeit bleibt auch diesmal nicht.

Rundschau vom 27.5.2020, 20.05 Uhr

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