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Gedenkstätte für Nazi-Opfer Forderung nach Schweizer Holocaust-Mahnmal wird immer lauter

Verschiedene Organisationen und Politiker setzen sich für eine Gedenkstätte in Bern ein. Das Projekt nimmt Formen an.

Um ein Haar wäre Vera Rottenberg in ein Konzentrationslager der Nazis deportiert worden. Sie lebte während des Zweiten Weltkriegs mit ihrer Mutter in Ungarn. Durch beherztes Eingreifen sorgte der Schweizer Gesandte dafür, dass die jüdische Familie in die Schweiz flüchten konnte. Andernfalls wäre sie als Baby wohl ermordet worden, sagt die heute 77-Jährige.

Auch aus dieser persönlichen Betroffenheit engagiert sich Rottenberg für ein Mahnmal für jene Menschen, die weniger Glück hatten als sie. Die geplante Gedenkstätte könne die Geschichte lebendig erhalten. «Wir können die Zukunft nur gestalten, wenn wir aus der Vergangenheit lernen», betont sie.

Wir können die Zukunft nur gestalten, wenn wir aus der Vergangenheit lernen.
Autor: Vera Rottenberg Engagiert sich für ein Mahnmal

Neben der Erinnerung an die Opfer der Nazis geht es ihr vor allem um die heutigen jungen Menschen. Das Wissen müsse an die junge Generation weitergegeben werden. «Damit sie darum besorgt ist, die Menschenrechte immer und überall zu achten.» Das sei der wesentliche Punkt eines Mahnmals, sagt Rottenberg.

Gedenkstätte wohl in Bern

Die Gedenkstätte soll in Bern entstehen, dem politischen Zentrum des Landes. Das Konzept sieht vor, dass es einerseits eine historische Dauerausstellung über die mehreren hundert Schweizerinnen und Schweizer gibt, die in Konzentrationslagern getötet wurden. Unter ihnen waren jüdische Opfer, aber auch Sozialdemokraten und Kommunisten.

Mahnmal in der Schweiz gefordert

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Viele Länder haben offizielle Gedenkstätten für die Holocaust-Opfer, nicht aber die Schweiz. Deshalb forcieren jetzt verschiedene Organisationen ein solches Projekt. Darunter sind die Auslandschweizer-Organisation, der Schweizerische Israelitische Gemeindebund, die Uni Basel und die ETH Zürich.

Weiter sind aktuelle Wechselausstellungen geplant zu Themen wie Diskriminierung oder Menschenrechten. Der genaue Standort steht noch nicht fest, wie Ralph Lewin, Präsident des Schweizerisch Israelitischen Gemeindebundes, sagt. Vermutlich werde man aber nicht ein neues Gebäude bauen, sondern die Zusammenarbeit mit einem bestehenden Museum suchen.

An die Katastrophe erinnern

Die Initianten haben ihr Projekt jetzt dem Bund präsentiert. Sie hoffen, beim Bundesrat mit ihrem Anliegen auf offene Ohren zu stossen, denn eine Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus sei auch 75 Jahre nach Kriegsende bedeutsam.

«Es ist wichtig, dass man sich erinnert, was geschehen kann, wenn man nicht achtsam ist», so Lewin. Schliesslich lehrt die Geschichte: Respektlosigkeit, Diskriminierung und Hass können in die Katastrophe führen.

Das Projekt erhält Unterstützung durch die Politik. Über hundert Mitglieder des Nationalrats haben eine Motion unterzeichnet, die den Bund auffordert, eine solche Gedenkstätte zu schaffen.

Auch die Aargauer Mitte-Nationalrätin Marianne Binder-Keller engagiert sich. Die Schaffung einer Gedenkstätte werde von Mitgliedern aller Parteien gefordert. Für Binder ist klar: «Es braucht ein solches Mahnmal.» Nach dem Willen des Parlaments und der Initianten soll der Bundesrat das Projekt jetzt vorantreiben.

Rendez-vous, 25.05.2021, 12:30 Uhr

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