Die Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie steckt in der Krise. US-Zölle, der starke Franken und eine schwache Weltkonjunktur bedrohen Zehntausende Arbeitsplätze. Swissmem-Präsident Martin Hirzel schlägt Alarm und fordert von der Politik ein sofortiges Umdenken.
SRF: Die neusten Zahlen für die Maschinenindustrie sind düster. Wie schlimm ist die Lage wirklich?
Martin Hirzel: Ich würde den Zustand als Abwärtsstrudel bezeichnen. Allein in den letzten drei Monaten haben wir 13 Prozent weniger Aufträge erhalten und 3000 Arbeitsplätze verloren. Das macht mir Sorgen. Wenn wir wegen der hohen US-Zölle nicht mehr in die USA liefern können, sind rund 10 Prozent der 330'000 Arbeitsplätze in unserer Branche gefährdet. Entlassungen sind unausweichlich.
Übertreiben Sie nicht?
Ich möchte ganz deutlich sagen: Wir jammern nicht. Das ist das Letzte, was die Industrie macht. Aber es ist unsere Aufgabe als Verband, aufzuzeigen, was das für die Schweizer Wirtschaft bedeutet. Ich mache mir weniger Sorgen um die Unternehmen, die finden immer einen Weg. Ich mache mir Sorgen um den Werkplatz Schweiz. Wenn es zu Verlagerungen kommt, fehlen nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch Wertschöpfung und Steuereinnahmen. Hoffnung ist ein schlechter Ratgeber. Wir müssen uns auf eine neue Welt mit Handelsblöcken und Zöllen einstellen.
Was fordern Sie konkret von der Politik?
Wir fordern keine Subventionen. Aber wir machen deutlich, dass wir uns keine zusätzlichen Kosten in diesem Land leisten können. Wir müssen den Standort Schweiz stärken. Das heisst: Der Bund muss die Kurzarbeit rasch auf 24 Monate verlängern, damit wir die Stammbelegschaft halten können. Zweitens müssen die ausgehandelten Freihandelsabkommen mit Mercosur, Malaysia und Thailand sofort ratifiziert werden. Und drittens müssen wir den Ausbau des Sozialstaats stoppen und dürfen die Sozialabgaben nicht weiter erhöhen.
Wir haben verstanden, dass der US-Präsident keine herkömmlichen Handelsabkommen will, sondern Ausgleichszahlungen.
Sie fordern seit Jahren weniger Regulierung. Haben Sie keine neuen Antworten auf die aktuellen Probleme?
Ja, es sind Forderungen, die schon lange auf dem Tisch sind. Und wir sagen jetzt einfach mit aller Deutlichkeit: Die Party ist vorbei. Wir können uns keine zusätzlichen Kosten leisten. Jetzt müssen wir die Sachen umsetzen.
Und wie soll die Schweiz auf die US-Zölle reagieren?
Der Bundesrat muss rasch eine Lösung finden und dabei kreativ sein. Wir haben verstanden, dass der US-Präsident keine herkömmlichen Handelsabkommen will, sondern Ausgleichszahlungen. Wenn er das Handelsdefizit ausgeglichen haben will, müssen wir eine kreative Shoppingliste zusammenstellen. Aber wir müssen dabei schweizerisch bleiben: Was wir versprechen, müssen wir auch einhalten können. Anders als andere Länder kann der Bund keine Zahlungen versprechen, die vom Parlament oder gar vom Volk bewilligt werden müssen. Das geht bei uns nicht
Das Gespräch führte David Karasek.