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Initiative gegen Kauf des Kampfjets F-35 eingereicht
Aus Tagesschau vom 16.08.2022.
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Initiative «Stop F-35» Dem Initiativ-Komitee kam das Weltgeschehen in die Quere

Knapp ein Jahr nach Start der Unterschriftensammlung wurde heute die Initiative «Stop F-35» eingereicht. Damit haben die Initiantinnen und Initianten zwei Drittel der maximalen Sammelfrist für Volksinitiativen (18 Monate) gebraucht. Sie fordern nun aber von Bundesrat und Parlament, dass die Initiative in einem Bruchteil der maximal möglichen Fristen durchgepeitscht wird.

Konkret: Der Bundesrat hätte eigentlich 12 Monate Zeit, eine Botschaft auszuarbeiten; gemäss den Kampfjet-Gegnerinnen und Gegnern müsste er das aber innerhalb einer Woche (bis am 24. August) schaffen. Und das Parlament, das gemäss Gesetz 30 Monate Zeit hätte, um die Initiative zu behandeln, müsste das Geschäft bis Ende der Herbstsession beraten – also in etwa sechs Wochen. Dass sich das Initiativ-Komitee auf eine Abstimmung aus dem Jahr 1952 (!) beruft, um ein Beispiel für eine ähnlich schnelle Behandlung zu finden, spricht auch nicht gerade für eine erleichterte Aufgabenstellung.

Politischer Wille zur schnellen Behandlung fehlt

Konkret bedeutet es: Ja, theoretisch ist es möglich, die Stop-F-35-Initiative dem Volk vorzulegen, bevor die Offerte des amerikanischen Kampfjet-Herstellers im Frühling 2023 abläuft. Praktisch braucht es dazu aber eine geballte Ladung an politischem Willen von Bundesrat und Parlament – und der dürfte kaum zu haben sein.

Der Ständerat hat bereits in der Sommersession eine möglichst rasche Unterzeichnung des Kaufvertrags gefordert. Der Nationalrat dürfte im September ebenso klar nachziehen. Und was die zuständige Bundesrätin Viola Amherd von der Initiative hält, hat sie in wenig taktvoller Weise bereits kundgetan, als sie die Initiantinnen und Initianten öffentlich zum Rückzug aufforderte.

Das Initiativ-Komitee ist selber nicht ganz unschuldig daran, dass der politische Wille zur schnellen Behandlung fehlt. Weniger als ein Jahr nach einem positiven Volksentscheid (Kampfjet-Beschaffung 2020) eine Initiative einzureichen, die diesen Volksentscheid wieder umstürzen will, ist demokratiepolitisch zumindest heikel. Und dass die Einreichung der Unterschriften mehrmals hinausgeschoben wurde, obwohl doch mit SP, Grünen, GSoA und anderen initiativ-erprobten Organisationen genug Kampagnen-Power zur Verfügung stand, nährte den Verdacht, dass es dem Komitee mehr darum ging, das Thema politisch auf der Agenda zu behalten.

Bedrohungslage in Europa fundamental verändert

Aber in erster Linie kam dem Initiativ-Komitee das Weltgeschehen in die Quere. Die Pandemie erschwerte zumindest in der ersten Phase das Unterschriften-Sammeln, und der Ukraine-Krieg veränderte die Bedrohungslage in Europa so fundamental, dass kaum jemand der Stop-F-35-Initiative noch den Hauch einer Chance gibt. Das Online-Magazin Republik machte am Dienstag in dieser Hinsicht auf eine erstaunliche Parallele aufmerksam. 1992 lancierte die GSoA die Stopp-F/A-18-Initiative, die ein Moratorium für den Kauf von Kampfflugzeugen forderte. In einem Monat kamen rekordhohe 500'000 Unterschriften zusammen, Befragungen sahen einen deutlichen Sieg an der Urne voraus. Dann kam der Bosnienkrieg, die Kampfjets waren plötzlich wieder gefragt, und das Volk versenkte die Initiative 1993 einigermassen deutlich.

Deshalb raten massgebliche Köpfe der damaligen Initiative, die heutige Initiative zurückzuziehen beziehungsweise in eine Petition umzuwandeln. Dass die Kritik mittlerweile sogar aus dieser Ecke kommt, sollte SP, Grünen und der GSoA zu denken geben. Wenn die rüstungskritische Linke darauf spekuliert, mit der Initiative im nächsten Jahr Wahlkampf zu machen (wie ihr das Bürgerliche immer wieder vorwerfen), dann könnte der Schuss auch nach hinten los gehen.

Urs Leuthard

Urs Leuthard

Leiter Bundeshausredaktion

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Seit Sommer 2020 ist Urs Leuthard Leiter der Bundeshausredaktion von Fernsehen SRF. Bereits seit 2002 moderiert er das «Abstimmungsstudio» und analysiert Wahlen und Abstimmungen. Bis 2008 war er Moderator und Redaktionsleiter der «Arena», danach wechselte er zur «Rundschau», bevor er 2012 die Redaktionsleitung der «Tagesschau» übernahm.

Tagesschau, 16.08.2022, 19:30 Uhr

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