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Studiogespräch mit Hans-Peter Roost, Infektiologe
Aus Kassensturz vom 18.02.2020.
abspielen. Laufzeit 6 Minuten 9 Sekunden.
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Keimbelastete Zahnarztstühle «Das Problem muss ernst genommen werden»

Wasser aus Zahnarztstühlen ist teils massiv verunreinigt. Labordaten, die «Kassensturz» zugespielt wurden, zeigen: Von über 260 Wasserproben aus 21 Zahnarztpraxen in der Deutschschweiz waren 57 Prozent verunreinigt. Die Firma von Hans-Peter Roost berät Zahnärzte in Sachen Hygiene. Roost fordert die Zahnärzte auf, das Problem ernster zu nehmen.

Dr. Hans-Peter Roost

Dr. Hans-Peter Roost

Infektiologe und Master of Public Health

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Langjährige Erfahrung in Infektiologie, in der medizinischen Grundlagenforschung und in der öffentlichen Gesundheit. Leitende Funktionen in der Privatwirtschaft sowie beim Bundesamt für Gesundheit und im Gesundheits- und Sozialdepartement des Kantons Luzern.

SRF «Kassensturz»: Sie haben ebenfalls Daten zu diesem Thema erhoben. Was haben Sie herausgefunden?

Hans-Peter Roost: Wenn wir unsere Daten über die mikrobiologischen Untersuchungen des Spülwassers der letzten zehn Jahren anschauen, haben wir ähnlich beunruhigende Werte wie der «Kassensturz». Wir sprechen hier von etwa 800 Stühlen in der ganzen Schweiz.

Warum gibt es in den Dentaleinheiten überhaupt Bakterien? Es handelt sich ja um Frischwasser...

In den Behandlungsstühlen gibt es viele Schläuche, und die Temperatur ist relativ hoch. In dieser Umgebung können sich Bakterien wunderbar vermehren, wie in einem Brutkasten. Sie nisten sich ein und lassen sich nur sehr schwer wieder beseitigen.

Als Patient geht man ja nicht zum Zahnarzt, um das Wasser zu trinken. Wie schlimm ist es also wirklich?

Es ist sehr bedenklich. Jeder zweite untersuchte Zahnarztstuhl hatte im Kühlwasser eine hohe Keimzahl. Beim Mundspülwasser ist es jede fünfte Probe. Daten aus der Schweiz zeigen, dass jeder fünfte Zahnarztstuhl auch mit Legionellen verseucht ist. Ich finde das relativ dramatisch!

Daten aus der Schweiz zeigen, dass jeder fünfte Zahnarztstuhl auch mit Legionellen verseucht ist.

Leider wurde das wissenschaftlich nicht gut abgeklärt. Es gibt allerdings Fallbeispiele. Ein Zahnarzt infizierte sich am Aerosol aus seinem eigenen Stuhl und verstarb. Dieser Wassernebel entsteht zum Beispiel beim Bohren und geht beim Atmen in die Lungen. Bekannt ist auch, dass eine Patientin daran gestorben ist. Nicht vergessen sollte man auch: Für gesundheitlich angeschlagene Patienten, die eine Zahnarztpraxis besuchen, kann das schwerwiegende Probleme verursachen. Man muss das Problem ernst nehmen.

Gerade bei einer Zahnarztbehandlung kann es auch zu Verletzungen im Mund kommen. Was bedeutet das?

Gewisse Keime können über solche Verletzungen eindringen. Oft handelt es sich dabei um multiresistente Keime. Auch hier lauern grosse Probleme.

Was erwarten Sie von den Zahnärzten?

Wichtig ist, dass die hygienischen Vorgaben zu den Zahnarztstühlen eingehalten werden. In Deutschland zum Beispiel muss das Wasser halbjährlich mikrobiologisch untersucht werden. Die Zahnärzte bekommen dann ein Feedback dazu. Ein wichtiger Punkt, den man sich für die Schweiz ebenfalls überlegen sollte.

Man soll sicher die hygienischen Vorgaben der Zahnarztstühle einhalten.

Manche Zahnärzte arbeiten grundsätzlich mit sterilem Wasser. Ein guter Plan?

Das ist eine Option, aber auch mit sterilem Wasser muss die Einheit desinfiziert werden. Es gibt noch weitere Möglichkeiten wie zum Beispiel Filtersysteme.

Der Zahnarztverband SSO empfiehlt, den Stuhl jeden Morgen drei Minuten zu spülen. Reicht das?

Das ist eine Minimallösung. Studien zeigen, dass diese Zeit nicht reicht. In Anbetracht dieser alarmierenden Daten sollte man solche Empfehlungen nochmals überprüfen. So kann es auf jeden Fall nicht weitergehen.

Zusammenfassend: Was fordern Sie?

Befragungen zur Patientenzufriedenheit zeigen, dass die Hygiene an zweiter Stelle steht. Deshalb sind die Zahnärzte gut bedient, wenn sie das Problem ernst nehmen.

Das Interview führte Ueli Schmezer.

Kassensturz, 18.02.2020; 21.05 Uhr

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