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Menschenrechtsverletzungen «Unbegründete Angriffe»: China reagiert auf Schweizer Kritik

  • Der Bundesrat hat vergangenen Freitag unmissverständliche Kritik an China geübt.
  • Autoritäre Tendenzen in China hätten in den letzten Jahren zugenommen, ebenso die Repression gegen Andersdenkende und die Verfolgung von Minderheiten, schreibt er in seiner China-Strategie.
  • Nun reagiert China – mit scharfen Worten. Der chinesische Botschafter in Bern spricht von «böswilligen Labels».

Seit zwei Jahren ist der Dialog zwischen China und der Schweiz über Menschenrechte unterbrochen. Das sei nicht die Schuld Chinas, hält der chinesische Botschafter in Bern, Wang Shihting, in einer Videokonferenz mit Schweizer Medien fest. China sei offen gegenüber dem Menschenrechtsdialog, sagt Shihting. Aber man wehre sich gegen die Einmischung der Schweiz in die inneren Angelegenheiten Chinas.

Chinesischer Botschafter
Legende: Chinas Botschafter in Bern hat der Schweiz Einmischung in Angelegenheiten Chinas vorgeworfen. SRF

«Falsche Signale an die Aussenwelt»

Offenbar betrachtet China auch die neue China-Strategie des Bundesrates als solche Einmischung. Botschafter Wang Shihting hält fest, übersetzt von einem Dolmetscher: «Bedauerlicherweise erhebt die Schweiz in dem Dokument unbegründete Anschuldigungen und Angriffe auf das politische System, die Minderheitspolitik sowie die Menschenrechtslage Chinas und versieht China mit böswilligen Labels. Damit sendet die Schweiz falsche Signale an die Aussenwelt.»

Die Aussage der Schweiz, in China würden Menschenrechtsverletzungen zunehmen, weist der chinesische Botschafter weit von sich: «Solch Aussagen widersprechen grundlegenden Fakten und wirken sich negativ auf die gesunde Entwicklung der Beziehungen zwischen China und der Schweiz aus. China protestiert nachdrücklich dagegen.» Berichte über Arbeitslager und Zwangsarbeit in China seien rein böswillige politische Spekulationen, behauptet der Botschafter: «Das sind Unwahrheiten und Fake News.»

China gibt sich nach wie vor gesprächsbereit

Auch den Vorwurf des Schweizerischen Nachrichtendienstes, China habe seine Spionageaktivitäten in der Schweiz verstärkt, weist Botschafter Wang Shihting weit von sich: «Sie können keine Beweise vorlegen und wiederholen die Lüge wieder und wieder.» Ganz zuschlagen will China die Türen allerdings nicht. China sei immer noch offen, den Menschenrechtsdialog weiterzuführen.

Eckpunkte der Beziehungen Schweiz – China

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Die ersten offiziellen Kontakte zwischen der Schweiz und China kamen 1906 zustande. 1918 wurden die Beziehungen in einem Freundschaftsvertrag formalisiert .

1950 erkannte die Schweiz als einer der ersten westlichen Staaten die Volksrepublik China an .

Nach 1950 sind die Kontakte zur Volksrepublik China auch aufgrund des Kalten Krieges nicht sehr intensiv.

Mit der Lancierung der «Politik der Öffnung» und der Reformen durch Parteiführer Deng Xiaoping im Jahr 1979 werden die bilateralen Beziehungen ausgebaut .

1991 vereinbaren die Schweiz und China einen jährlichen Menschenrechtsdialog .

Der Besuch des Präsidenten Jiang Zemin am 25. März 1999 in Bern endet mit einem Eklat . Beim offiziellen Empfang versammelten sich Demonstrierende mit Tibet-Fahnen und «Free Tibet!»-Plakaten am Rande des Bundesplatzes. Zemin erklärte Justizminister Arnold Koller: «So etwas habe ich noch nie gesehen – in keinem Land.» Gerettet wurde der Staatsbesuch beim Dinner von Bundesrat Adolf Ogi, der einen Bergkristall aus seiner Hosentasche nahm und ihn Zemin schenkte.

2013 wird in Peking das chinesisch-schweizerische Freihandelsabkommen unterzeichnet, das am 1. Juli 2014 in Kraft tritt.

Im April 2019 reist Bundespräsident Ueli Maurer nach Peking und trifft den Präsidenten Xi Jinping. Die Schweiz und China unterzeichnen eine Absichtserklärung im Zusammenhang mit der «Neuen Seidenstrasse» . Die Zusammenarbeit entlang der Route soll bei Handel, Investitionen und Projektfinanzierungen ausgebaut werden.

Seit Oktober 2019 ist der Menschenrechtsdialog , der 1991 aufgenommen wurde, praktisch eingestellt . Die USA verfassen eine Stellungnahme zur Politik Chinas im Zusammenhang mit der muslimischen Minderheit der Uiguren. 22 Staaten schliessen sich mit einer Unterschrift der Stellungnahme an, dazu gehört auch die Schweiz.

Und auch eine Erneuerung des bestehenden Freihandelsabkommens mit der Schweiz hält der chinesische Botschafter für möglich. «Vertreter von China und der Schweiz bleiben jetzt in Kontakt.» Die Beziehungen zwischen der Schweiz und China sind und bleiben anspruchsvoll.

Rendez-vous, 22.03.2021, 12:30 Uhr

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