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Nach der Bundesratswahl Diese Baustellen warten auf die neuen Departements-Vorstehenden

Politologe Michael Hermann ordnet ein, was Albert Rösti, Elisabeth Baume-Schneider und Karin Keller-Sutter in ihren neuen Departementen bewirken können.

Baustellen im Uvek: Die Versorgungssicherheit und die Energiewende werden Albert Rösti als grösste Herausforderungen erwarten. Laut Michael Hermann bringt Rösti in diesen Themen schon viel Erfahrung als Öl- und Autolobbyist mit. «Da kann er sicher schnell starten, weil er viel Fachwissen hat.»

Rösti als Chance fürs Uvek: «Auf den ersten Blick sieht es danach aus, als ob Rösti im Umwelt- und Verkehrsdepartement ein Rückschlag wäre für die ökologischen Kräfte, die eine Energiewende wollen», sagt Hermann. Doch gerade im Bereich der Energiefrage sei die grösste Herausforderung nicht die Politik, sondern dass die Politik von der Stimmbevölkerung zurückgepfiffen werde – wie beispielsweise beim CO₂-Gesetz.

Albert Röstis Beziehung zur SVP

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Hermann sieht Unterschiede in Röstis Beziehung mit der SVP zu jener von Bundesrat Guy Parmelin. Dieser sei zwar SVP-Bundesrat, aber nicht so eine wichtige Figur für die Partei. Rösti dagegen war Parteichef und sei sehr selbstbewusst, ähnlich wie Ueli Maurer. «Er wird mehr Einfluss auf die Partei nehmen und das auch können als Parmelin aber er wird konzilianter sein als Maurer.»

Es werde am Anfang nicht einfach sein für Rösti und er werde sicher auch das Parteibuch nicht komplett ablegen. «Rösti wird versuchen, den Einfluss auf die Partei zu behalten, er ist ein machtbewusster Mensch – deshalb wird er schon auf einem schmalen Grat wandern», so Hermann.

«Da sehe ich die Chance für Rösti, dass er durch seine politische Positionierung und seinen Hintergrund Vertrauen bei jenen Kreisen schaffen kann, die vielleicht noch etwas skeptisch gegenüber der Energiewende sind und er deshalb einfacher Mehrheiten gewinnen kann, als es zuvor Simonetta Sommaruga tun konnte.» Rösti werde vielleicht etwas andere Akzente setzen als seine Vorgängerin, aber grundsätzlich werde auch er die Energiewende vorantreiben müssen und wollen.

Baustellen im EFD: Karin Keller-Sutter erbt das Finanzdepartement von Ueli Maurer in einer angespannten Finanzlage. Nach der Coronakrise und den aktuellen Herausforderungen kommen grosse Belastungen auf den Bundeshaushalt zu. Laut Hermann wird Keller-Sutter die Herausforderungen sehr ähnlich angehen wie Maurer – denn bei Finanzfragen sind die SVP und FDP ähnlich gesinnt.

Ausserdem betonte Keller-Sutter nach der Departementsverteilung, dass es zum Berufsprofil einer Finanzministerin gehöre, Finanzstabilität einzufordern. Sie habe keine Angst, sich unbeliebt zu machen: «Ich habe auch keine Angst vor Konflikten, auch wenn ich diese austragen muss», sagte sie vor den Medien.

Das EFD als Chance für Keller-Sutter: Ihr Wechsel ins Finanzdepartement nach nur vier Jahren im EJPD kann Hermann gut verstehen – zumal sie bereits als St. Galler Regierungsrätin dem Justiz- und Sicherheitsdepartement vorstand. Ausserdem sei das EJPD zwar ein wichtiges Departement, doch beinhalte es oft emotionale Themen, die auf Widerstand stossen. Doch zweifelt Hermann nicht daran, dass Keller-Sutter den Wechsel problemlos meistern werde, denn sie sei eine sehr erfahrene Politikerin.

Deshalb ist das EJPD so unbeliebt

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Das EJPD beinhaltet Hermann zufolge viele Themen, die Emotionen und Widerstand wecken oder nicht sehr populär sind. «Es sind Themen, bei denen man eigentlich immer ein bisschen unter Druck steht: Sei es von der Linken, wenn es um Polizeifragen geht, oder von der Rechten, wenn es um Migration geht», so Hermann. «Trotzdem ist es ein wichtiges Departement, das auch in vielen Abstimmungskämpfen involviert ist.»

Baustellen im EJPD: Elisabeth Baume-Schneider übernimmt das Justizdepartement in einer Phase mit hohen Flüchtlingszahlen, hoher Zuwanderung und Fachkräftemangel. Auch das Migrationsthema ist durch die aktuellen Flüchtlingsbewegungen wieder stärker in den politischen Fokus gerückt. «Die SVP hat natürlich fast ein bisschen darauf gewartet, dass wieder eine Linke in diesem Departement sitzt.» Es sei tendenziell einfacher, wenn jemand vom anderen politischen Lager diesem Departement vorsitzt und man dieses entsprechend angreifen könne. Als linke EJPD-Chefin schätzt Herrmann, dass sie bei Polizei-, Terror- oder Sicherheitsthemen andere Akzente als Karin Keller-Sutter setzen könnte.

Elisabeth Baume-Schneider (SP/JU) und Albert Rösti (SVP/BE), freuen sich zusammen nach ihrer Wahl in den Bundesrat.
Legende: Elisabeth Baume-Schneider (SP/JU) und Albert Rösti (SVP/BE) freuen sich zusammen nach ihrer Wahl in den Bundesrat. KEYSTONE/Marcel Bieri

Baume-Schneider als Chance fürs EJPD: Hermann sieht Baume-Schneiders Vorteil besonders auf kommunikativer Ebene. «Mit ihrer bodenständigen, fröhlichen, offenen Art wird sie schwieriger anzugreifen sein, als es eine Eva Herzog gewesen wäre.» Diese Charakterzüge könnten Baume-Schneider helfen, wenn sie unter Druck kommt.

Heute Morgen, 09.12.2022, 6:00 Uhr

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