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Nach einem Jahr Krieg Was der Ukraine-Krieg in der Schweiz ausgelöst hat

Der einjährige Krieg in der Ukraine hat auch in der Schweiz einiges in Bewegung gesetzt. Dazu gehört die Diskussion über Neutralität, die Aufnahme zehntausender Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sowie das Mitziehen bei EU-Sanktionen gegen Russland. Ein Überblick:

Politische Reaktionen: Noch am Tag des russischen Überfalls vor exakt einem Jahr, am 24. Februar 2022, verurteilt das Aussendepartement EDA in Bern die «Invasion» auf das Schärfste. Ein paar Tage später verlässt das Schweizer Botschaftspersonal die Hauptstadt Kiew und kehrt erst wieder am 19. Mai zurück.

Als erste Schweizer Politikerin reist Nationalratspräsidentin Irène Kälin Ende April mit einer Parlaments-Delegation nach Kiew. Ein halbes Jahr später reist auch Bundespräsident Ignazio Cassis nach Kiew und trifft dort am 20. Oktober seinen ukrainischen Amtskollegen Wolodimir Selenski.

Solidarität: Noch am 24. Februar gehen in Bern Ukrainer und Schweizer gemeinsam auf die Strassen, um gegen den russischen Angriffskrieg zu protestieren. Keine zwei Wochen später sind es Zehntausende Menschen, die in verschiedenen Schweizer Städten an Friedensdemonstrationen teilnehmen.

Kurz nach Kriegsausbruch beginnt die Schweiz mit der Lieferung von Hilfsgütern an die Ukraine. Bis im August sind es über 600 Tonnen. Neben der humanitären Hilfe befasst sich die Schweiz auch mit dem Wiederaufbau in der Ukraine. Im Juli findet dazu die Ukraine-Wiederaufbau-Konferenz in Lugano statt.

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Archiv: Tausende demonstrieren in Bern gegen den Ukraine-Krieg
Aus Tagesschau vom 02.04.2022.
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Sanktionen: Vier Tage nach der russischen Invasion in die Ukraine schliesst sich die Schweiz ersten EU-Sanktionen gegen Russland an. Anfang April sind bereits Vermögenswerte in der Höhe von 7.5 Milliarden Franken in der Schweiz gesperrt. Sanktioniert werden neben Russland auch Belarus und der Iran. Diese Sanktionen betreffen unter anderem ein Embargo auf Rohöl und ein Kaufverbot von Gold aus Russland.

Sollen russische Gelder für den Wiederaufbau in der Ukraine verwendet werden dürfen oder nicht? Diese Frage entbrennt international. Eine Expertengruppe des Bundesrats kommt Mitte Februar 2023 zum Schluss, dass dies gegen die Schweizer Verfassung und gegen internationale Verpflichtungen verstossen würde.

Die Frage um die Schweizer Neutralität

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Kaum drei Wochen nach dem russischen Überfall auf die Ukraine kündigt alt Bundesrat Christoph Blocher die Lancierung einer Volksinitiative zur Schweizer Neutralität an. Wirtschaftliche Sanktionen wie jene gegen Russland sollen nicht mehr möglich sein. Die Definition der Schweizer Neutralität wird nun zunehmend in Frage gestellt. Anfang September hält der Bundesrat fest, die Schweiz solle bei der Neutralität bleiben, aber dabei ihre Sicherheits- und Verteidigungspolitik konsequenter auf internationale Zusammenarbeit ausrichten.

Im Ausland stösst die Haltung der Schweiz je länger je mehr auf Unverständnis. Am Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos im Januar dieses Jahres geriet die Schweizer Neutralität erneut in die Kritik: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko fordern Haltung statt Abseitsstehen.

Die sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats (SIK-N) fordert Ende Januar, dass in der Schweiz hergestellte Waffen unter gewissen Umständen von anderen Ländern an kriegführende Staaten weitergegeben werden können. Der Bund lehnt im Februar 2023 ein Gesuch aus Spanien für die Weitergabe von zwei aus der Schweiz stammenden Flugabwehrkanonen an die Ukraine ab. Der Re-Export sei nicht mit dem schweizerischen Recht vereinbar.

Flüchtlinge: Der vom Bundesrat gut zwei Wochen nach Kriegsbeginn beschlossene Schutzstatus S für Flüchtlinge aus der Ukraine stösst auf breite Zustimmung: Alle Bundesratsparteien – SVP, SP, FDP und Mitte – befürworten die Massnahme vom 11. März. Auch die Schweizer Bevölkerung empfängt geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer mit offenen Armen. 35 Prozent der Geflüchteten finden in Gastfamilien ein neues Zuhause.

Mitte Mai steigt die Zahl der in der Schweiz registrierten Flüchtlinge aus der Ukraine auf über 50'000. Bis Mitte Februar 2023, knapp ein Jahr nach der russischen Invasion, sind es rund 75'000. Der Schutzstatus S gilt mindestens bis März 2024.

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Archiv: Bilanz von Gastfamilien nach einem Jahr
Aus Tagesschau vom 16.02.2023.
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 30 Sekunden.

Energie: Bereits eine gute Woche nach dem russischen Überfall auf die Ukraine beschliesst der Bundesrat Massnahmen zur Gasversorgungssicherheit für den kommenden Winter. Eine Kampagne des Bundesrats unter dem Motto «Energie ist knapp. Verschwenden wir sie nicht» ruft im August die Bevölkerung zu Sparmassnahmen auf.

Zu den Empfehlungen gehören unter anderem das Absenken der Heiztemperatur und ein geringerer Warmwasserverbrauch. Ein Dreivierteljahr später ist der Spuk um einen möglichen Energiemangel oder gar -notstand aber vorbei: Anfang Februar dieses Jahres kostet Gas im Grosshandel wieder weniger als vor dem Beginn des Ukraine-Krieges.

Parlament streitet über Lockerung des Kriegsmaterialgesetzes

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Das Parlament diskutiert über eine Anpassung des Schweizer Kriegsmaterialgesetzes. Der Ukraine-Krieg brachte auch linke Politikerinnen wie SP-Nationalrätin Franziska Roth zum Umdenken: «Es ist wichtig, dass wir unserer Solidaritätspflicht einerseits mit der Ukraine, andererseits mit den europäischen Ländern, die im Moment sehr viel mehr leisten als wir, nachkommen.» Auch Mitglieder der Mitte rücken vom strengen Exportregime ab, etwa Nationalrat Alois Gmür. Heute befürworte er mögliche Ausnahmen.

Bei der Revision des Kriegsmaterialgesetzes hatte die GLP noch das strengere Exportregime unterstützt. Doch in der Ukraine sei der Fall anders, sagt Nationalrätin Melanie Mettler: «Ein freier Staat wird von einem Aggressor angegriffen. Er muss die Möglichkeit haben, sich zu verteidigen. Das bedeutet, dass wir unser Exportregime eventuell anpassen müssen.»

Ende letzter Woche wollte die SVP-Fraktion keinen der Vorstösse mehr unterstützen, die eine Weitergabe des Kriegsmaterials verlangen. Dabei hatte sie bei der Revision des Kriegsmaterialgesetzes vor anderthalb Jahren noch gegen die Einschränkung des Handlungsspielraums für den Bundesrat gekämpft. SVP-Nationalrat Mauro Tuena sieht darin keinen Widerspruch: «Es war damals auch nie und nimmer die Idee, dem Bundesrat jenen Spielraum zu geben, den das Parlament sich heute nehmen will.»

Tagesschau, 23.02.2023, 19:30 Uhr ;

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