Vor einem Jahr hat Russland die Ukraine überfallen. Moskaus Truppen konnten weite Teile des Nachbarstaates besetzen, doch mussten sie im Verlauf des Jahres auch viele Rückschläge einstecken. Nun ist der Krieg in der Ukraine an vielen Orten ein Grabenkampf geworden. Wie ist es dazu gekommen? Ein Rückblick.
Ostukraine: Bewaffneter Konflikt gibt es seit 2014
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Seit 2014 kämpften in den ostukrainischen Gebieten Donezk und Luhansk, unweit der russischen Grenze, Regierungstruppen gegen von Russland unterstützte Separatisten. UNO-Schätzungen zufolge waren bereits vor dem russischen Angriffskrieg mehr als 14'000 Menschen getötet worden, zumeist im Separatistengebiet. Ein Friedensplan von 2015 unter deutsch-französischer Vermittlung wurde nicht umgesetzt.
Schon im Januar 2022 häufen sich die Befürchtungen vor einem russischen Einmarsch in die Ukraine. Moskau erlässt ein massives Truppenaufgebot.
24. Februar 2022– Russland marschiert in die Ukraine ein:
Moskau greift seinen souveränen Nachbarstaat an. Ziele in der ganzen Ukraine kommen unter Beschuss. Russlands Präsident Wladimir Putin versetzt die atomaren Abschreckungswaffen in erhöhte Alarmbereitschaft. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski ruft den Kriegszustand aus.
Satellitenbilder zeigen einen russischen Militärkonvoi, der sich auf Kiew zubewegt. Wenige Tage später fällt die südukrainische Stadt Cherson unter russische Kontrolle. Viele Ukrainerinnen und Ukrainer fliehen, die meisten in den Westen des Landes oder in andere europäische Länder.
2. April 2022 – Entdeckung des Massakers von Butscha:
Im April ziehen sich die russischen Truppen im Norden teils zurück. Im Zuge dessen sorgen entdeckte Gräueltaten in der Kiewer Vorstadt Butscha für Entsetzen. Bei den mutmasslichen Kriegsverbrechen werden mehr als 400 Leichen gezählt.
Moskau bezichtigt Kiew der Inszenierung. Untersuchte Satellitenbilder zeigen allerdings ein anderes Bild.
16. Mai 2022 – Mariupol wird von russischen Truppen eingenommen:
Die Belagerung und die humanitäre Situation in der Hafenstadt halten die Welt in Atem. Die OSZE stuft die Bombardierung einer Geburtsklinik als Kriegsverbrechen ein.
Das Stahlwerk Asowstal in Mariupol wird zum Symbol für den Widerstandswillen der gesamten Ukraine. Wochenlang wird das Werk eingekesselt.
In den folgenden Wochen gelingen Russland fast keine neuen Geländegewinne mehr. Die Fronten scheinen verhärtet.
Ab Ende Juli 2022 – Das AKW Saporischja wird zum Kriegsschauplatz:
Russland kontrolliert das grösste Atomkraftwerk Europas faktisch seit Anfang März. Im August spitzt sich die Situation in der Anlage von Saporischja allerdings zu: Verursacht durch Beschuss oder einen Brand, kommt es zu einer Teilabschaltung.
10. September 2022 – Russland zieht sich aus Charkiw zurück:
Ein Erfolg für die ukrainischen Streitkräfte, die mithilfe westlicher Waffen die russischen Truppen zurückdrängen. «Das Ganze ist eine schwere Niederlage für die russische Armee»,
beurteilt der ehemalige SRF-Korrespondent in Russland David Nauer
. Das Gebiet ist strategisch wichtig, da Moskau von dort auch Truppen im Donbass versorgte.
21. September 2022 – Putin ordnet die Teil-Mobilmachung an:
Mit insgesamt 300'000 Reservisten hofft die russische Führung, eine Wende auf dem Schlachtfeld herbeiführen zu können. Fachleute relativieren: «Das sind Leute, die zuerst trainiert werden müssen. Sie müssen ausgerüstet und in kampffähige Truppen integriert werden»,
sagt Sicherheitsexperte Benno Zogg von der ETH Zürich.
30. September 2022 – Moskau annektiert vier besetzte Gebiete:
An einer offiziellen Zeremonie schliesst Putin mit den eigens eingesetzten Führungen in den ukrainischen Gebiete Luhansk, Donezk, Cherson und Saporischja Verträge über eine Aufnahme in russisches Staatsgebiet ab. Wenige Tage zuvor finden Scheinreferenden statt, bei denen in der Ostukraine angeblich bis zu 99 Prozent für den Anschluss an Russland stimmten. Putin begründet die Annexion mit dem Schutz der Zivilbevölkerung vor ukrainischen Nationalisten.
8. Oktober 2022 – Ukrainischer Angriff auf die Krim-Brücke:
Nach Explosionen auf dem russischen Prestigebau sind Teile der Brücke eingestürzt. Eine Detonation ereignet sich in einem LKW-Transporter und setzt mehrere Waggons eines Güterzugs in Flammen.
Die Vergeltung Russlands gegen den Angriff kommt postwendend: Nie seit den allerersten Tagen des Krieges sind so viele Raketen auf ukrainische Städte gefallen wie in den folgenden Tagen. Über 80 Raketen soll Russland in alle Landesteile der Ukraine abgefeuert haben.
9. November 2022 – Russland zieht sich aus Cherson zurück:
Damit verlieren die russischen Truppen ihren Brückenkopf westlich des Flusses Dnipro. Er hatte die Option offen gelassen, weiter in Richtung Westen zu marschieren. Für die Ukraine ist die Rückeroberung militärisch sehr wichtig.
Frühjahr 2023 – Um Bachmut und Soledar tobt ein blutiger Stellungskrieg:
Die russischen Truppen rücken langsam, aber stetig vor. Die Region um Bachmut wird zunehmend eingekreist und die Versorgungswege abgeschnitten. Der Chef der russischen Wagner-Söldner erklärt die angrenzende Kleinstadt Soledar für eingenommen. Die Ukraine dementiert.
Wie wird es weitergehen?
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Die ukrainische Führung erwartet im Frühling eine neue russische Offensive und in deren Folge die schwersten Gefechte seit Kriegsbeginn. «Wir haben einen langen schweren Weg hinter uns, doch die wichtigsten Kämpfe stehen uns in diesem Jahr, in den nächsten zwei bis drei Monaten, noch bevor», sagte der Sekretär des nationalen Sicherheitsrates, Olexij Danilow, in einem Interview mit dem britischen Fernsehsenders Sky News Anfang Februar 2023. Das seien die entscheidenden Monate des Kriegs, prognostizierte er.
In den vergangenen Wochen haben westliche Geheimdienste allerdings auch Zweifel an Russlands Kapazitäten für eine Frühlingsoffensive geäussert.
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