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Neue Verhandlungen mit Brüssel So will der Bundesrat das Verhältnis zur EU retten

Vom Stromabkommen bis zum Lohnschutz: Das sind die wichtigsten Punkte des Verhandlungsmandats mit der EU.

Schon vor seiner Wahl in den Bundesrat verkündete der damalige FDP-Fraktionschef Ignazio Cassis, im EU-Dossier müsse der «Reset»-Knopf gedrückt werden. Beim innenpolitisch hochumstrittenen Rahmenabkommen wurde im Mai 2021 allerdings der «Delete»-Knopf betätigt: Die Schweiz brach die Verhandlungen mit Brüssel ab. Innenpolitisch waren die Fronten zu verhärtet.

Cassis' Medienkonferenz nach 100 Tagen im Amt als Aussenminister (2018)
Legende: Seit über sechs Jahren leitet Ignazio Cassis das Aussendepartement. Sein treuer Begleiter ist bis heute das EU-Dossier. Gleichzeitig ist es aber auch eine der Grossbaustellen der Bundespolitik – die zwischenzeitlich ganz stillstand. Keystone/PABLO GIANINAZZI

Nach dem Scherbenhaufen von damals soll nun alles besser werden: Der Bundesrat will mit Brüssel über die künftigen bilateralen Beziehungen verhandeln. Vor den Medien in Bern stellte Cassis das definitive Verhandlungsmandat vor.

«Der Bundesrat will damit die bilateralen Beziehungen mit der EU stabilisieren und weiterentwickeln», erklärte der Aussenminister. «In einer zunehmend instabilen Welt ist es entscheidend, stabile und sichere Beziehungen mit den Nachbarländern zu haben.»

Die wichtigsten Punkte des Verhandlungsmandats

Der Start der Verhandlungen: Verhandelt wird, sobald auch die Europäische Kommission über ihr endgültiges Mandat verfügt. Noch im März dürfte es nach Angaben des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) so weit sein. Auf Schweizer Seite hat Chefunterhändler Patric Franzen – er ist stellvertretender EDA-Staatssekretär – die Gesamtleitung. Über die einzelnen Teile des Verhandlungspakets soll parallel verhandelt werden.

Das Echo aus der Vernehmlassung: In den Konsultationen seien die Reaktionen zum Paketansatz für die Verhandlungen positiv gewesen, teilte Cassis mit: «Eine deutliche Mehrheit der institutionellen Partner und der weiteren Akteure hat sich für die Aufnahme von Verhandlungen mit der EU ausgesprochen.»

Alle sollen Mandat und Resultat überprüfen können

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Aussenminister Ignazio Cassis verteidigte die Veröffentlichung des Verhandlungsmandats mit der EU. Auch die EU werde ihr Mandat offenlegen. Ziel dabei sei, keinen Verdacht einer Geheimverhandlung aufkommen zu lassen. Jede und jeder solle das Resultat dereinst schwarz auf weiss oder im Internet mit dem Mandat vergleichen können, erklärte Cassis.

Die Schweiz werde wohl nicht alle ihre Ziele in den Verhandlungen erreichen können, das sei normal, sagte der EDA-Vorsteher. Am Ende würden Bundesrat, Parlament und Volk die Bilanz ziehen. Etliche Punkte liessen sich im Nachhinein noch innenpolitisch lösen. Im Verhandlungsmandat des Bundesrates seien indessen alle Punkte gleich prioritär.

In der Frage eines fakultativen oder obligatorischen Referendums über das Verhandlungsresultat will der Bundesrat ein Rechtsgutachten einholen. Cassis erklärte, dieses Problem sei in der Bundesverfassung nicht eindeutig geklärt. Der Bundesrat wolle auf der sicheren Seite sein und hole sich Rat.

Der Bundesrat habe einen Grossteil der Empfehlungen aus den Anhörungen übernommen und seinen Mandatsentwurf vom Dezember angepasst. Die meisten der Vorschläge zur «Präzisierung und Schärfung des Mandats» hätten berücksichtigt werden können, so der EDA-Chef.

Bundesrat strebt Stromabkommen an: Nicht berücksichtigt hat die Landesregierung indes Änderungswünsche im Bereich Strom – das angestrebte Stromabkommen wurde in den Anhörungen verschiedentlich kritisiert. Der Bundesrat nennt hier den Ausschluss der Stromproduktion aus dem Geltungsbereich des Abkommens sowie den Verzicht auf Massnahmen zur Marktöffnung.

Die Landesregierung will im Stromabkommen anstreben, dass Konsumentinnen und Konsumenten die Wahl haben, in der geschützten Grundversorgung mit regulierten Preisen bleiben zu können. Für die Stromproduktion, namentlich aus erneuerbaren Energien, will der Bundesrat die wichtigsten staatlichen Beihilfen beibehalten.

Zankapfel Lohnschutz: Bei den Verhandlungen dürfte erneut die Frage des Lohnschutzes im Zentrum stehen – innen- wie aussenpolitisch. Hier will der Bundesrat Lohn- und Arbeitsbedingungen garantieren. Und für die Spesenregelung strebt er eine Lösung an, die unter Berücksichtigung des Schweizer Preisniveaus Rechtsgleichheit gewährleistet.

EU-Spesenregelung bereitet Kopfzerbrechen

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Die Spesenregelung der EU sei für die Schweiz nicht anwendbar. Darüber seien sich der Bundesrat, das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF), das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) und die Sozialpartner einig, sagte Seco-Staatssekretärin Helene Budliger Artieda.

Es gelte nun zuerst im aussenpolitischen Prozess eine Lösung für die Spesenregelung mit der EU zu finden. Falls dies nicht gelingt, was alle bedauern würden, müssten innenpolitische Massnahmen getroffen werden, wie Budliger Artieda anfügte.

Dafür müsste man «nochmals über die Bücher gehen» und schauen welche Kompensationsmöglichkeiten es gebe. Bei diesen Massnahmen gebe es zwischen den vier Partnern nicht immer eine Einigung. Es handle sich dabei um «schwierige technische Abklärungen».

Die Streitbeilegung: Bei der dynamischen Übernahme von EU-Recht wurde die Kritik der Kommissionen, Kantone, Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften berücksichtigt. Die Schweiz soll einzelne Entwicklungen nicht übernehmen können. Allfällige Ausgleichsmassnahmen der EU – also Verschlechterungen in anderen Verträgen – dürften erst dann ergriffen werden, wenn der Streitpunkt von einem Schiedsgericht behandelt wurde.

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SRF 4 News, 08.03.2024, 15 Uhr ; 

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