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Paradox in Corona-Zeiten? Leere Arztpraxen und Notfallstationen

Seit zwei Wochen bleiben die Leute auf Anordnung der Landesregierung zuhause – das merken auch viele Hausärzte und Notfallstationen.

Tobias Burkhardt führt im zürcherischen Männedorf eine Hausarztpraxis. Sein Wartezimmer ist leer. «Ich habe einen Patientenrückgang um 50 bis 75 Prozent», stellt Burkhardt fest.

Einerseits versuchten sich die Patientinnen und Patienten selber zu helfen: Sie kühlen den verstauchten Knöchel zum Beispiel zuerst einmal selber. Andererseits aber verzichteten auch chronisch kranke Menschen auf den Arztbesuch, stellt der Hausarzt fest.

Chronisch Kranke sollten zum Arzt

Allerdings warnt Burkhardt davor, einen Arztbesuch zu lange hinauszuzögern. Zwar seien derzeit viele Leute verunsichert, ob sie überhaupt in eine Arztpraxis gehen dürfen.

Doch: «Wir möchten Patienten mit akuten oder chronischen Krankheiten, die schwerer werden könnten, in der Praxis sehen.» Dafür seien er und sein Team da. Ausserdem bietet Burkhardts Praxis auch Telefonkonsultationen oder Hausbesuche an.

Weniger Arbeits- und Sportunfälle

Dass die Schweizerinnen und Schweizer momentan nur dann zum Arzt gehen, wenn es wirklich nicht anders geht, zeigt sich auch auf den Notfallstationen.

«Das Patientenaufkommen hat sich um rund 40 Prozent reduziert», sagt Omar Gisler. Der Mediensprecher des Kantonsspitals Baden stellt ausserdem fest, dass es so gut wie keine Bagatellunfälle mehr gebe. «Auch Sport- und Arbeitsunfälle sind stark rückläufig.» Weniger Beinbrüche, Prellungen oder Rückenschmerzen sind ein durchaus positiver Nebeneffekt der Corona-Krise.

Wieso weniger Herzinfarkte?

Ein anderer Nebeneffekt gibt den Ärztinnen und Ärzten momentan jedoch ein Rätsel auf: der Rückgang von ernsthaften Erkrankungen, die sich eigentlich nicht aufschieben lassen oder einfach verschwinden. Man stelle auch bei Schlaganfällen, Herzinfarkten und Notoperationen im Bauchbereich einen «bemerkenswerten Rückgang» fest, sagt Gisler.

Man versuche jetzt herauszufinden, was hinter diesem Phänomen stecke. Medizinisch gebe es keine Erklärung für den Rückgang bei Hirnschlägen und Infarkten. Zwar hat so manche oder mancher wohl weniger Stress, weil sie oder er nicht im Stau steht oder von Meeting zu Meeting hetzt. Andere jedoch haben derzeit mehr Stress denn je, weil sie um ihre Existenz oder ihre Gesundheit fürchten.

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Einschlägige Symptome ernst nehmen

Man muss deshalb davon ausgehen, dass die Symptome wie Brustschmerz oder plötzliche Sehstörungen zwar da sind, aber zu wenig ernst genommen werden. Das mache ihnen Sorgen, sagt Mediensprecher Nicolas Drechsler vom Basler Unispital. Er betont denn auch, dass Zurückhaltung beim Spitalbesuch nicht in jedem Fall gerechtfertigt sei. Auch nicht in Zeiten von Corona.

Deshalb beantragen Kliniken Kurzarbeit

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«Die Massnahmen des Bundes haben auch Auswirkungen auf Spitäler», sagt Anne-Geneviève Bütikofer, Direktorin des Spitalverbands H+. Denn die Kliniken dürfen – um keine Kapazitäten für Corona-Patienten zu blockieren – nur noch dringende Operationen durchführen. Dadurch hätten zum Beispiel auch Reha-Kliniken weniger zu tun. Sie müssten ihr Personal deshalb für Kurzarbeit anmelden. Für die Spitäler bedeutete die Anordnung des Bundesrats massive Einnahmeausfälle, so Bütikofer. Wie gross diese am Schluss sein werden, könne aber erst nach Ende der Pandemie verlässlich berechnet werden. Auch müsse man damit rechnen, dass in den kommenden Monaten weitere Infektionswellen im Zusammenhang mit Corona auftreten werden, in deren Zug vielleicht auch Kliniken zur Pflege von Corona-Patienten beigezogen werden müssten, die jetzt zu wenig zu tun hätten.

Rendez-vous vom 31.3.2020

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