Es wäre eine Premiere gewesen: Die Walliser Regierung hatte ein eigenes Radon-Gesetz erarbeitet; das Wallis hätte als erster Kanton der Schweiz ein solches bekommen. Und obwohl im Vorfeld kaum Kritik laut wurde, hat das Parlament ebendieses versenkt.
Zu viel Aufwand und Kosten
Zum Hintergrund: Radon ist ein radioaktives Gas, das je nach Geologie im Boden entstehen, aufsteigen und sich in Gebäuden ansammeln kann. Wenn es über längere Zeit eingeatmet wird, kann es Lungenkrebs auslösen.
Deshalb hat der Bund 2018 die Radon-Grenzwerte gesenkt. Werden diese überschritten, müssen die betroffenen Häuser saniert werden. Für Schulen und Kindergärten ist die Radon-Messung obligatorisch.
Gebäude überprüfen und falls nötig Massnahmen anordnen: Dafür sind die Kantone zuständig. Allerdings sind nicht alle gleich stark betroffen. Zwar kommt Radon in der ganzen Schweiz vor, aber die Belastung ist dort am grössten, wo der Untergrund durchlässig ist: in den Alpen und im Jura.
Im Wallis etwa ist ein Drittel der Gemeinden betroffen. Darum hat die Walliser Regierung gehandelt und ein entsprechendes Gesetz ausgearbeitet. Dieses sollte zum Schutz der Bevölkerung unter anderem regeln, was man bei einem Neu- oder Umbau machen müsste, um zu verhindern, dass Radon ins Gebäude gelangt.
Aber das Kantonsparlament stimmte in der Märzsession 2024 gegen das Gesetz. Die Mitte Oberwallis etwa argumentierte, das sorge nur für Aufwand und unnötige Kosten.
Kürzere Fristen für Schulhäuser
Der Kanton Wallis ist nicht der einzige, der sich im Kampf gegen die Radon-Belastung zurückhaltend zeigt.
Im Kanton Bern etwa gab es letztes Jahr einen parlamentarischen Vorstoss zur Radon-Belastung in Schulhäusern. Im Kern ging es um die Frage, wie der Regierungsrat sicherstellen will, dass die Schulhäuser zeitgerecht saniert werden.
Denn 2023 hatte der Bund die Fristen für die Sanierung von betroffenen Schulhäusern deutlich verkürzt, im Extremfall auf unter ein Jahr. Ausserdem weitete er die Messpflicht auf alle Räume aus, die als Klassenzimmer dienen könnten – auch wenn sie aktuell nicht genutzt werden. Allerdings sind keine Konsequenzen bei Nicht-Einhalten der Frist vorgesehen.
Lüften statt sanieren
Die Antwort des Berner Regierungsrats fiel verhalten aus. Zwar betonte er, dass Schülerinnen und Schüler vor Radon geschützt werden müssten. Aber: «Aufgrund der Messungen, die der Kanton Bern schon vor Jahren durchgeführt hat, kann davon ausgegangen werden, dass keine Gefährdung von Personen in Schulhäusern und Kindergärten besteht.»
Und: «Im normalen Schulbetrieb sinken auch erhöhte Radonwerte durch richtiges Lüften nachgewiesenermassen auf akzeptable Werte.»
Schutz nur auf Papier
Der Kanton Bern ist sich der Radon-Problematik also bewusst, aber er sieht keinen dringenden Handlungsbedarf. So oder ähnlich dürften auch andere Kantone die Situation beurteilen.
Zumindest legt der «Aktionsplan Radon 2021 – 2023» des Bundes diesen Schluss nahe. Dort steht: «Die breitenwirksame Umsetzung der Massnahmen ist noch zu wenig fortgeschritten, insbesondere was die Messungen, die Sanierungen und die Bauvorschriften anbelangt.»
Fazit: Der Schutz vor Radon besteht vielerorts nur auf dem Papier – zumindest vorerst noch.