Es ist ein Kreuz mit dem Schweizerkreuz. Der fromme Guetzli-Bäcker Kambly in Trubschachen darf es auf seine Verpackungen drucken. Die Schweizer Laufschuhe aber, mit denen eine Bernerin in Tokio zu Hürden-Gold flog, dürfen kein Wappenkreuz mehr aufgenäht haben. Schliesslich werden die Schuhe der Marke On in Fernost hergestellt und deren Aktien in New York gehandelt. Da sei, befand das Bundesamt für geistiges Eigentum, zu wenig Schweiz drin – daran ändert auch der breite Dialekt der Weltmeisterin nichts: «I weiss nii …, i bi eifach schnäll gsecklet.»
Wenn hingegen jemand in Wisconsin Käse herstellt, darf er «Emmental» draufschreiben und so viele Schweizerkreuze auf die Verpackung drucken, wie er will. Unterhosen made in Bangladesch, ein Sturmgewehr made in Kasachstan, auch da darf überall problemlos ein Schweizerkreuz drauf sein, die Schweiz kann nichts dagegen unternehmen. Und es ist ja wohl zu erwarten, dass auf dem neuen Kampfjet F 35-A ein weisses Kreuz auf rotem Grund prangen wird – er ist made in USA, nicht in Stans ...
Was ist denn noch schweizerisch? Die sprichwörtliche Pünktlichkeit unserer Bahnen ist dahin, die mächtige UBS kokettiert mit dem Umzug in die USA, Wilhelm Tell samt Apfelschuss sind Erfindung eines deutschen Dichters. Und eben hat das Parlament beschlossen, statt «Schweizerfranken» solle unsere Währung bloss noch «Franken» heissen.
«Wir haben doch unsere Traditionen!», werden die Tausenden einwenden, die unlängst am «Eidgenössischen» stolz das Schwinger- und Bauernhemd getragen haben. Allein, den Stoff mit dem Edelweiss auf hellblauem Grund stellte die Weberei Gugelmann in Roggwil BE erstmals 1978 her. Von wegen alte Schweizer Tradition …
Vielleicht lag der viel geschmähte Künstler Ben Vautier ja richtig, der an der Weltausstellung 1992 mit «La Suisse n’existe pas» provozierte? Welsch war damals noch allen geläufig. Ausser Ueli Maurer. Hätte er Frühfranzösisch gehabt, könnte man ihm das Prinzip von «Servir et disparaître» erläutern: dem Volk als Bundesrat dienen und nach dem Rücktritt einfach … schweigen. Aber nein, er geht als «former President of the Swiss Confederation» ans Kaffeekränzchen der Völkermörder, Bombenbastler und Autokraten nach Peking – und lässt dort die Fahne mit dem Schweizer Kreuz hissen, während er in Reih und Glied steht mit Xi Jinping, Putin und Kim Jong-un. In solchen Momenten wäre man froh, es gäbe die Schweiz wirklich nicht – man müsste sich weniger schämen.