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Die etwas anderen News Ok, Millennial! Jetzt ist‘s vorbei mit der Coolness

Vor einigen Jahren hiess es noch «Ok, Boomer!». Heute steht mit «Ok, Millennial!» die Generation Y im Kreuzfeuer der Kritik.

Lisa Christ

Kabarettistin

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Es gibt kaum eine andere satirische Stimme in der Schweiz, die sich so selbstreflektiert in Rage reden kann wie Lisa Christ. Die Oltner Kabarettistin, Satirikerin und Moderatorin kann dabei philosophisch-ernst, aber auch wortgewandt-verspielt sein. Sie war Host der «SRF Comedy Talent Show» und tourt aktuell mit ihrem zweiten Soloprogramm «LOVE*» durch die Deutschschweiz.

Vorbei die Zeiten, in denen sich Gen Y und Gen Z verbündet haben, um die Generation der Baby-Boomer zu triezen. Wir verdrehen nicht mehr gemeinsam die Augen über die mangelnde Technikaffinität der Alten und die durch Wirtschaftsboom und Arbeitshörigkeit zerstörte Erde. Der Wind hat gedreht.

Knöchel-Socken: Eine Tortur in Söckchenform, eine Zumutung an Fusskleid!

Jetzt bekommt auch meine Generation der heute 30- bis Mitte 40-Jährigen von den Jüngeren ihr Fett weg. Und das nicht zu knapp! In zahlreichen TikTok-Videos wird auf generationentypische Peinlichkeiten wie den Seitenscheitel (eine Geschmacksverirrung), die Skinny Jeans (ein Verbrechen) und die knappen Knöchel-Söckchen hingewiesen.

Da zumindest muss ich der Gen Z recht geben: Diese Mini-Socken habe auch ich nie verstanden! Kaum am Fuss und im Schuh versenkt, rutschen sie unaufhaltsam bei jedem Schritt weiter Richtung Ferse, überschreiten diese schliesslich in Richtung Mittelfuss, wo sie zum Schluss in einer unangenehmen Wulst verweilen, die bei jedem weiteren Schritt verzweifelt die Hand zum Schuh zucken lässt. Eine Tortur in Söckchenform, eine Zumutung an Fusskleid!

Verständlich, dass die heutige Jugend vorzugsweise hohes Knöchelkleid trägt und Tennissocken wie auch Kniesocken (Vorbild: Billie Eilish) einen Verkaufsboom erleben.

Ich habe erst verhältnismässig spät herausgefunden, dass ich nun offiziell out, alt und uncool bin. Y? (englisch ausgesprochen) Nun, weil ich als Millennial natürlich nicht auf TikTok unterwegs bin, sondern auf Instagram. Für alle Boomer, die hier mitlesen: Instagram ist unser Facebook. So, wie die Generationen sich auf die Social Media Plattformen verteilen, verhält es sich natürlich auch mit dem Coolness-Faktor: TikTok (cool, jung), Instagram (mittelcool, mittelalt), Facebook (uncool, alt).

Dieser Gedanke war der letzte Nagel im Sarg meiner Jugend.

Bevor jetzt jemand beleidigt ist, keine Sorge! Ich weiss mittlerweile ja aus erster Hand, wie es sich anfühlt, wenn die Jüngeren einen peinlich finden. Dazu braucht’s heutzutage nicht mal mehr eigene Kinder. Ich kann mich von wildfremden Rotzlöffeln im Internet beleidigen lassen. Praise be!

Als ich zum ersten Mal was von TikTok gehört habe, dachte ich: «Na gut, man muss ja nicht alles mitmachen. Vielleicht kann mir ja dann mal wer Junges erklären, wie das funktioniert.» Da wurde mir klar: Dieser Gedanke war der letzte Nagel im Sarg meiner Jugend. Wer sowas denkt, ist definitiv alt – und out.

Die Gen Z ist aber nicht nur stylischer als wir Millennials, sie setzt sich auch stärker für politische Anliegen ein – und sie nimmt sich dabei nicht so wahnsinnig ernst. Die Coolness gehört (wie immer) der Jugend – die Immobilien den alten Boomern – und den Millennials? Bleiben Avocado-Brötchen und fünf Kaffees pro Tag. Immerhin: Die Gen Z findet’s funny. Und solange die noch lachen, ist die Zukunft ja vielleicht noch nicht verloren.

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Radio SRF 1, Zytlupe, 06.06.2025, 13:00 Uhr

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