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Die etwas anderen News Wer hat Angst vor der Frau mit dem Kopftuch?

Was Lehrerinnen anziehen, beeinflusse Kinder negativ. Renato Kaiser sieht darin Potenzial für ein Pädagogikkonzept.

Renato Kaiser 

Kabarettist

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Mit seiner geschliffenen Sprache trägt Renato Kaiser unentwegt kritische Gedanken an sein Publikum. Diese werden mit so viel Dampf vorgetragen, dass man dabei nicht nur bestens unterhalten, sondern auch regelrecht mitgerissen wird. Die Arbeit des gebürtigen St. Gallers wurde 2020 mit dem Salzburger Stier geehrt. Kaiser ist aktuell mit seinem vierten Bühnenprogramm «NEU» auf Deutschschweizer Bühnen zu sehen.  

An verschiedenen Schweizer Schulen wurde Lehrerinnen verboten, mit Kopftuch zu unterrichten. Und zwar, weil das die Kinder prägen könnte. Bei allem Respekt für den Lehrberuf: Überschätzt man hier nicht den Einfluss von Lehrpersonen? Wenn man Schweizer Schulkinder fragen würde, wie sie aussehen und leben möchten, dann würden die meisten wohl sagen: nicht wie mein Lehrer.

Was wäre eigentlich, wenn eine Frau ein Kopftuch mit Hakenkreuz tragen würde?

Federführend bei der Einführung eines Kopftuchverbots zeigt sich die SVP. Jene Partei, die sich dagegen gewehrt hat, dass der Hitlergruss und das Hakenkreuz verboten werden. Dank ihres Widerstandes ist es in der Schweiz einfacher, Kopftücher an Schulen zu verbieten als Hakenkreuze an Leuten, die den Hitlergruss machen. Was wäre eigentlich, wenn eine Frau ein Kopftuch mit Hakenkreuz tragen würde? Die SVP würde wahrscheinlich spontan implodieren.

Wobei: Wenn es tatsächlich so wäre, dass Lehrerinnen mit Kopftuch konservative, rückständige und frauenfeindliche Botschaften verbreiten würden, würde ich die Sorge der SVP verstehen. Konservative, rückständige und frauenfeindliche Botschaften verbreiten, ist schliesslich immer noch ihr Job.

Wovor haben sie Angst? Allahu Akbar Akkusativ? Inshallalgebra?

Erst kürzlich, in der SRF Arena zum erschossenen, christlich-nationalistischen, rechtsextremen Hassprediger Charlie Kirk, sagte SVP-Nationalrat Michael Graber, Charlie Kirk sei für ihn «wie Martin Luther King». Aber eine Lehrerin, die mit Kopftuch Deutsch unterrichtet, ist eine Bedrohung für die freie Gesellschaft.

Wo liegt eigentlich das Problem? «Oh nein, Frauen mit Kopftuch kommen in unsere Schulen und bringen unseren Kindern Geometrie bei? Hilfe!» Wovor haben sie Angst? Allahu Akbar Akkusativ? Inshallalgebra? Wahrscheinlich auch noch mit arabischen Zahlen!?

Ich finde ja, wir brauchen nicht weniger Lehrerinnen mit Kopftuch, sondern mehr! Und sie sollten auch Religion unterrichten! Meine Generation ist mit leuchtendem Beispiel vorangegangen: Christliche Lehrpersonen haben uns christlichen Religionsunterricht erteilt und wozu hat das geführt? Niemand geht mehr in die Kirche und die meisten sind ausgetreten. So effizient wie dieser Religionsunterricht ist kein Kopftuchverbot.  

Wenn etwas so richtig feministisch ist, dann Frauen vorzuschreiben, was sie anziehen dürfen und was nicht.

Es gibt auch Linke, die bei diesem Thema intellektuell implodieren. Innerhalb der SP argumentieren einige für ein Kopftuchverbot – aus feministischen Gründen. Denn wenn etwas so richtig feministisch ist, dann Frauen vorzuschreiben, was sie anziehen dürfen und was nicht.

Vielleicht sollte man in dieser hitzigen Debatte über Frauen und Kopftuch mal mit Frauen mit Kopftuch reden? Es ist nie zu spät. Wobei etwas früher mit ihnen zu reden schon besser gewesen wäre. Viel früher. Wenn man mal in geschütztem Rahmen, ganz niederschwellig und neugierig hätte fragen können! Zum Beispiel als Kind. In der Schule. Die Lehrerin. Das wäre top gewesen.

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SRF 1, Zytlupe, 11.10.2025, 13:00 Uhr ; 

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