Aserbaidschan hat im Herbst 2023 das Karabach-Gebiet gewaltsam erobert. Nach gängigem Verständnis gehört Berg-Karabach völkerrechtlich zu Aserbaidschan. Das Gebiet wurde aber vor allem von Armenierinnen und Armeniern bewohnt und jahrzehntelang von Armenien kontrolliert. Nach der erfolgreichen Eroberung hat die aserbaidschanische Armee die armenische Bevölkerung aus Berg-Karabach vertrieben. Fast 150'000 Menschen mussten nach Armenien fliehen. Einige Menschenrechtsorganisationen sprechen von einer «ethnischen Säuberung». Der Internationale Gerichtshof hatte bereits gefordert, dass Aserbaidschan den vertriebenen Armeniern die Rückkehr ermöglichen müsse.
Kann die Schweiz helfen?
In Bern haben jetzt Parlamentarierinnen und Parlamentarier ein Komitee gegründet, das eine Schweizer Friedensinitiative für Berg-Karabach fordert. Die Schweiz solle sich dafür einsetzen, dass die vertriebenen Armenierinnen und Armenier tatsächlich in ihre alte Heimat zurückkehren könnten. Konkret soll die Schweiz ein internationales Dialog-Forum ins Leben rufen, in dem sich Vertreter Aserbaidschans mit Abgesandten der Karabach-Armenier treffen, um einen Weg für die Rückkehr zu finden.
Das Komitee, das diese Forderungen erhebt, ist politisch breit abgestützt. Co-Präsidenten sind die Nationalräte Stefan Müller-Altermatt (Mitte) und Erich Vontobel (EDU). Weitere Mitglieder sind unter anderem Christine Badertscher (Grüne), Fabian Molina (SP), Marianne Binder-Keller (Mitte), Marc Jost (EVP), Priska Seiler Graf (SP) und David Zuberbühler und Lukas Reimann (beide SVP). Der National- und Ständerat hatten bereits eine Motion verabschiedet, in der ein solches Engagement für die vertriebenen Armenier gefordert wurde.
Abwägende Position des Bundesrates
Der Bundesrat hatte sich gegen die überwiesene Parlamentsmotion gestellt. Eine Friedenskonferenz zu organisieren, ohne dass ein ausdrücklicher Antrag der Konfliktparteien vorliege, könne kontraproduktiv sein, warnte der Bundesrat.
Gleichzeitig unterstreicht das Aussendepartement auch heute, dass die Schweiz bereit sei, ein Format zur Förderung des Dialogs zwischen Aserbaidschan und Armenien zu unterstützen, falls dies von beiden Seiten gewünscht werde. Ausserdem habe die Schweiz dazu aufgerufen, dass vertriebene Armenier die Möglichkeit haben müssten, sicher nach Berg-Karabach zurückzukehren.
Möglichkeiten und offene Fragen
Die Schweiz präsidiert 2026 die OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa). Möglicherweise bieten sich in diesem Rahmen gewisse Möglichkeiten, um die Frage der Karabach-Vertriebenen zu thematisieren. Gleichzeitig bleibt es schwierig, Aserbaidschan zu Zugeständnissen zu drängen. Der wirtschaftlich und geostrategisch wichtige Staat wird autoritär regiert und ist militärisch gut gerüstet.