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SP-Debatte um Levrat-Nachfolge «Jetzt sind wir Frauen am Zug»

Klare Ansage beim Treffen der SP-Frauen: Eine Sozialdemokratin soll künftig die Partei führen, ganz ohne Co-Präsident.

Zuerst der offizielle Dank der SP-Frauen, ausgesprochen von Co-Präsidentin Natascha Wey: «Wir wünschen ihm von Herzen alles Gute, auch für seine weitere Zukunft.» Etwas zögerlich, aber höflich war der Applaus der knapp 70 SP-Frauen für SP-Mann Christian Levrat.

Ein Mann als Co-Präsident? Nein danke!

Das Traktandum «Wechsel an der SP-Spitze» hatten die SP-Frauen kurzfristig eingeschoben. Und Wey stellte klar, wohin die Reise aus SP-Frauensicht gehen soll: «Es ist für uns klar, dass nach zwölf Jahren Christian Levrat im Präsidium der SP Schweiz eine Frau zum Zug kommen soll.»

Natascha Wey
Legende: Natascha Wey: «Für uns ist klar, dass nach Christian Levrat eine Frau zum Zug kommen soll.» Keystone

Eine Frau im Präsidium – liesse das daneben auch einen Mann als Co-Präsident zu? Nein, hiess es aus der Versammlung.

Jetzt sind Frauen am Zug

Die St. Gallerin Andrea Scheck, eine der vielen unter 30-Jährigen vor Ort, ärgerte sich über diese Idee: «Es ist immer dann die Rede von einem Co-Präsidium, wenn es darum geht, dass Frauen an die Spitze sollen.»

Aber jetzt seien die Frauen am Zug, eine oder vielleicht zwei Co-Präsidentinnen. Auf jeden Fall nur Frauen: «An die Männer: Bitte lasst Frauen den Vortritt – und gerade wenn ich euch als Feministen sehe, dann setzt das auch um und stellt Frauen an die Spitze der SP.»

Erinnerungen an Koch und Brunner

Eine Meinung, die viele teilen – das zeigten die Gespräche. Die meisten sähen am liebsten eine Frau allein an der SP-Spitze – wie Christiane Brunner oder Ursula Koch. Die beiden einzigen Frauen, die die Sozialdemokraten bisher geführt haben.

Nationalrat Reynard bringt sich ins Spiel

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Während sich jene Frauen, die sich Chancen aufs SP-Präsidium ausrechnen dürfen, noch in Zurückhaltung üben, prescht ein Nationalrat vor. Der 32-jährige Walliser Mathias Reynard fordert im «SonntagsBlick», dass im Falle eines Co-Präsidiums einer der beiden Kandidaten aus der Romandie kommen müsse. Die Partei habe in der Westschweiz eine starke Stellung und im Wallis um rund zwei Prozentpunkte zugelegt. Dies solle sich in der Parteileitung widerspiegeln. Und er fügt hinzu: «Ich kann mir eine Kandidatur gut vorstellen – zusammen mit einer Kandidatin aus der Deutschschweiz».

Bei Westschweizer Sozialdemokraten dürfte Reynards Kandidatur nach Einschätzung des Blattes auf Sympathien stossen. Unterstützung erhält der Walliser auch von SP-Vizepräsident Beat Jans: Er hält es für «keine schlechte Idee», wenn bei einer Doppelspitze einer der beiden Präsidenten aus der Romandie stamme. Andere Deutschschweizer winken ab. Die ausgeglichene sprachregionale Vertretung sei für ihn «kein Muss», meint etwa der designierte Bündner Nationalrat Jon Pult.

Denn: Ein Co-Präsidium habe koordinative Nachteile, wie eine SP-Frau zu Bedenken gab: «Bei Absprachen. Und es sind nicht immer alle gleich präsent, auch in den Medien.» Und eine andere Sozialdemokratin meint: «Ich würde mir eine einzige Frau wünschen.» Die SP habe gute Frauen, die das allein stemmen könnten und würden.

Junge Frau oder eine Kämpferin der ersten Stunde?

Unter vielen jungen SP-Frauen war auch oft der Wunsch zu hören, die neue SP-Präsidentin sollte der jüngeren Generation angehören, das wäre besser für einen Neuanfang nach der Wahlniederlage.

Dafür hat die 57-jährige Freiburger Nationalrätin Ursula Schneider-Schüttel wenig Verständnis: «Die Frauen, die in meinem Alter sind, bringen doch sehr grosse Erfahrungen mit. Und was man auch sehen muss: wir haben jahrelang dafür gekämpft, dass die Frauen eine Stimme haben, dass die Frauen ihre Meinung äussern können. Und das zählt heute nach wie vor.»

Nationalrätin Ursula Schneider-Schüttel
Legende: Nationalrätin Ursula Schneider-Schüttel: «Wir haben jahrelang dafür gekämpft, dass die Frauen eine Stimme haben.» Keystone

Auf die Frage nach Ihren eigenen Ambitionen auf die Levrat-Nachfolge, sagt Schneider-Schüttel: «Ja, es ist mir schon durch den Kopf gegangen. Aber, das müsste noch ziemlich reifen.»

«Jetzt ist die Zeit Gespräche zu führen»

Von den als mögliche Nachfolgerinnen am meisten genannten Nationalrätinnen war nur die Zürcherin Min Li Marti bei der Versammlung der SP-Frauen dabei. Wie ihre Kolleginnen Flavia Wasserfallen und Mattea Meyer schliesst sie eine Kandidatur nicht aus, gibt sich aber sehr bedeckt: «Jetzt ist die Zeit Gespräche zu führen.» Es werde mit sehr vielen Menschen Gespräche geführt. «Das wird eine Zeit dauern in der dieser Prozess läuft – bis dann klar ist, wer dann wirklich kandidieren wird.»

Man Li Marti
Legende: Min Li Marti: «Bis zu einer Kandidatur sind noch zahlreiche Gespräche zu führen.» Keystone

Die SP will eine Kommission einsetzen, um die geeignetsten Kandidaturen für die Parteispitze zu finden. Für die Sozialdemokratinnen ist wichtig, dass sie in dieser Kommission der Mutterpartei prominent vertreten sind.

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