Mit rund 270 Millionen Franken weniger muss die SRG spätestens bis 2029 auskommen. Weil das Ziel allein durch Sparen nicht erreicht werden kann, steht ein umfassendes Umstrukturierungsprojekt an. Primär soll bei der Organisationsstruktur gespart werden und möglichst wenig beim Programm, sagt SRG-Generaldirektorin Susanne Wille.
SRF: Wie kann die SRG noch Qualität in allen Landessprachen garantieren, wenn sie viele hundert Stellen abbaut und gleichzeitig Teile zentralisiert?
Susanne Wille: Die Qualität sichert und versichert alle Werte der SRG. Es ist wichtig, dass die SRG auch in Zukunft qualitativ hochwertigen Journalismus betreibt und macht, fürs Publikum. Darum gehen wir zuerst in die Strukturen. Wir schauen an, was wir zusammen machen können: HR, Finanzen, Technologie. Wir rücken näher zusammen, um den Journalismus und das Programm möglichst zu schonen und zu schützen.
Wir wollen das, was uns stark macht, behalten: die Verankerung in den Regionen, den Journalismus. Und wir gehen das an, was wir jetzt angehen können: die Strukturen.
Brauchte es dazu erst die 200-Franken-Initiative?
Die Welt um die SRG herum hat sich extrem verändert. Der technologische Wandel hat sich beschleunigt, die Menschen konsumieren Medien anders. Und ja, auch das Budget der SRG verändert sich mit dem Entscheid des Bundesrates, rückläufigen Werbeeinnahmen, der Teuerung. Die SRG muss sich verändern und wir wollen das, was uns stark macht, behalten: die Verankerung in den Regionen, den Journalismus. Und wir gehen das an, was wir jetzt angehen können: die Strukturen.
Sie wollen verstärkt auch auf digitale Plattformen setzen, gleichzeitig muss die SRG sparen. Muss man zwangsläufig beim Fernseh- und Radioprogramm abbauen?
Es ist wichtig, dass die SRG auch in Zukunft Menschen mit ihrem Programm erreicht. Wir investieren in eine neue Plattform, wo man alle Inhalte der SRG auch digital nutzen kann. Und wir werden weiterhin ein starkes Radio und Fernsehen brauchen.
Sie sagten heute auch, dass es Abstriche beim Radio- und Fernsehprogramm geben wird. Wird es also Leute geben, die erbost sind, weil ihre Sendung abgesetzt wird – und Leute, die sagen, für immer weniger Leistungen würden auch 200 Franken genügen?
Das ist effektiv ein Dilemma. Es zeigt aber auch, dass man das Programm gern hat. Und wenn man etwas verändert, dann gibt das Reaktionen. Die SRG gehört allen, es dürfen auch alle kommentieren. Darum müssen wir nun die SRG grundsätzlich neu denken, damit wir trotzdem noch genug Geld haben, um im Programm stark zu sein. Vermutlich wird es aber nicht reichen, es wird auch weitere Verzichte im Programm geben.
Verankerung und Präsenz in den Regionen, nahe bei den Menschen, in den Sprach- und Kulturräumen – das bleibt, das können wir garantieren.
Einheitlicher wird es in den Bereichen Fiktion und Sport. Die sollen zentral gesteuert werden, nicht mehr aus den einzelnen Sprachregionen heraus. Ist das der erste Schritt zu einem nationalen Einheitsbrei?
Wir bleiben regional verankert, das ist die Seele der SRG. Das Transformationsprojekt «Enavant» garantiert das. Wir werden weiterhin regionale Fachteams haben, vor Ort, nahe beim Tagesgeschäft, nahe beim Publikum. Aber ja: Wir rücken näher zusammen. Strategische Entscheide werden gemeinsam gefällt. Sport und Fiktion arbeiten schon heute schweizweit eng zusammen. Da gehen wir noch einen Schritt weiter.
Sie waren früher ein journalistisches Aushängeschild für SRF, heute kommunizieren Sie Um- und Abbau. Wie schwer ist das?
Ich habe den Journalismus und das Programm immer noch im Herzen, bei allem, was ich tue. Gerade darum trage ich gerne die Verantwortung. Es geht um viel. Es geht um die Frage, wie schafft es die SRG, das Vertrauen der Menschen zu behalten, obwohl wir uns verändern und sparen müssen. Das ist nicht einfach.
Das Interview führte Nathalie Christen.