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Steigende ÖV-Tarife Teurere Billetts: Preisüberwacher will vermehrt eingreifen

Die Branche wälze die Kosten für den Ausbau des ÖV-Angebots zu sehr auf Kundinnen und Kunden ab.

Im Dezember steigen die Tarife im öffentlichen Verkehr (ÖV) auf nationaler Ebene erstmals seit sieben Jahren um durchschnittlich 3.7 Prozent an. Dies begründete die Branchenorganisation Alliance Swisspass im April mit den gestiegenen Energie- und Betriebskosten. Auch sei das Angebot seit der letzten Tariferhöhung im Jahr 2014 beträchtlich ausgebaut worden.  

Ein Kondukteur kontrolliert ein Ticket in einem Zug.
Legende: In der Schweiz wird der öffentliche Verkehr immer weiter ausgebaut und die Kosten dafür zunehmend den Kundinnen und Kunden aufgebürdet. Keystone/Archiv/GAETAN BALLY

In seinem Newsletter kritisiert nun der Preisüberwacher Stefan Meierhans die Entwicklung der Billett-Preise. Um die angefallenen Kosten für den Ausbau des ÖV-Angebots zu decken, greife die Branche zu tief ins Portemonnaie der ÖV-Kundinnen und -Kunden. Auch wenn der Ausbau notwendig sei, so Meierhans, dürften sich die entstehenden Kosten künftig nicht noch mehr auf die Tarife auswirken.

ÖV-Tarife müssen angemessen bleiben

Dabei beruft sich der Preisüberwacher auf die Bundesverfassung. Diese verlangt seit 2016, dass die Betriebskosten des öffentlichen Verkehrs zu einem angemessenen Teil durch die bezahlten Billett- und Abo-Preise der Nutzerinnen und Nutzer gedeckt werden. Der Rest wird durch die Besteller des Angebots – den Bund, die Kantone und Gemeinden – gedeckt.

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Legende: Die ÖV-Preise sind im Vergleich zu den Preisen des Autoverkehrs stark gestiegen. SRF

Nach Berechnungen von Meierhans erfüllt das heutige Preisniveau die Angemessenheitsgrenze jedoch nur noch knapp. Angemessen ist der Preis dann, wenn die Nutzung des öffentlichen Verkehrs aus ökonomischer Sicht attraktiv bleibt.

Der ÖV muss gegenüber dem Strassenverkehr attraktiv bleiben

Bereits in den letzten Jahren hat sich die Preisschere zwischen dem motorisierten Individualverkehr und dem ÖV weiter geöffnet. Nimmt die Attraktivität des öffentlichen Verkehrs weiter ab, wird es immer schwieriger, Kundinnen von der Strasse für die Schienen zu gewinnen, wie es die Strategie des Bundes vorsieht.

Wie werden die Kosten für den öffentlichen Verkehr gedeckt?

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Der Fernverkehr muss seine Kosten selbst tragen und darf mit den Einnahmen aus Billett- und Abo-Verkäufen Gewinne erwirtschaften. Der Regionalverkehr wird in der Schweiz durch ein duales Modell finanziert. Aktuell übernehmen die Nutzerinnen und Nutzer rund die Hälfte der Kosten über die Billett- und Abo-Preise. Die andere Hälfte zahlen Bund, Kantone und Gemeinden, die die Angebote bestellen. Die Betriebskosten des öffentlichen Verkehrs dürfen gemäss Art. 81a Absatz 2 der Bundesverfassung jedoch nur zu einem angemessenen Teil durch die bezahlten Billett- und Abo-Preise gedeckt werden. Dieses Kriterium der Angemessenheit hat der Preisüberwacher nun genauer definiert und will es künftig vermehrt anwenden.

Im Gegensatz zum Preisüberwacher hält das Bundesamt für Verkehr eine leicht höhere Beteiligung der Kundinnen und Kunden für angemessen. Schliesslich würden diese von dem fortlaufend ausgebauten Angebot profitieren. Auch die Kantone betonen, dass der Preis nicht das einzige Kriterium für einen attraktiven ÖV sei. Stefan Meierhans sieht im Preis dagegen ein Schlüsselkriterium. So zeige eine Befragung, dass Kundinnen und Kunden eine Preisreduktion um 10 Prozent einem Mehrwert aus Zeitersparnis oder Komfort vorziehen.  

Der Preisüberwacher warnt vor weiteren Tariferhöhungen

Weitere Preiserhöhungen im öffentlichen Verkehr sind auch in Zukunft nicht ausgeschlossen. Der Preisüberwacher will darum wachsam bleiben. Die Tariferhöhung im kommenden Dezember hat er gebilligt. Nun fordert er die Branche zu Effizienzsteigerungen beispielsweise im Bereich des Ticketverkaufs und der Materialbestellung auf. Wenn mehr Effizienz nicht möglich sei, müsste die öffentliche Hand vermehrt zur Kasse gebeten werden.

Tagesschau, 29.08.2023, 19.30 Uhr

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