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Testen, testen, testen Knatsch um Massentests an Schulen

Der Bund will nach den Sommerferien weitertesten lassen – doch die Kantone wehren sich gegen die Einmischung.

Viele Kinder sind in den letzten Wochen eigentliche Test-Spezialisten geworden: «Wir kriegen ein Röhrli, da ist eine Kochsalzlösung drin. Die ist nicht so fein. Die müssen wir dann eine Minute gurgeln. Dann müssen wir den Trichter auf das Röhrli schrauben und reinspucken», erklärt der Neunjährige. Und wieso wird getestet? «Damit man weiss, ob man Corona hat – also positiv ist – oder negativ ist und es nicht hat», weiss der Bub zudem.

BAG: «Die Kinder schützen»

Negativ: kein Virus gefunden. So lautete das Resultat in den letzten Wochen mehrheitlich in den Schulen. Und wenn es nach dem Bund geht, soll das Testen nach den Sommerferien weiter gehen. Und dort, wo es nicht regelmässig stattfindet, eingeführt werden.

Gesundheitsminister Alain Berset sagte diese Woche vor den Medien, dass es da Differenzen mit einigen Kantonen gebe, die diese Tests für nicht so wichtig halten, und dass nichts bewiesen sei. «Sämtliche Spezialisten, die ich konsultiert habe, sagen aber, dass es sehr wichtig sei, um eine Kontrolle über die Entwicklung der Pandemie zu haben», drückte Berset sein Unverständnis darüber aus.

Kinder erkranken meist nicht schwer. Doch mit dem Auftreten der Delta-Variante zeige sich, in Ländern, wo die Impfquote hoch sei, erkrankten vor allem die Kinder. Fosca Gattoni vom Bundesamt für Gesundheit sagt, man beobachte in Israel, dass die meisten neuen Ansteckungs-Fälle nun Personen unter zwanzig Jahren betreffen würden. «Es ist umso wichtiger, dass wir unsere Kinder schützen», ist die Leiterin der Corona-Test-Arbeitsgruppe beim BAG überzeugt. Schützen, das heisst präventives Testen. Der Bund fordert also alle Kantone auf, an allen Schulen regelmässig zu testen.

Kantone: «In unserer Kompetenz»

Das hat die Kantone aufgeschreckt. Bersets Aufruf stösst bei den Erziehungsdirektorinnen und -direktoren auf Unverständnis. Die Präsidentin der Erziehungsdirektorenkonferenz, die Zürcher Bildungsdirektorin Silvia Steiner, sagt, die Teststrategie an den Schulen, das gehöre in die Kompetenz der Kantone: «Deshalb waren wir sehr erstaunt, dass der Bundesrat den Kantonen nun vorschreiben will, wie sie die Testungen durchzuführen haben», so Steiner. Es folgte auch ein böser Brief an den Bund.

Frau mit Maske.
Legende: «Es ist die Verantwortung der Kantone, dass sie selbst über das repetitive Testen an den Schulen entscheiden»: EDK-Präsidentin Silvia Steiner. Keystone

Einige Kantone, die bis zu den Ferien regelmässig testeten, liebäugeln damit, das Testen an den Schulen herunterzufahren oder aufzugeben. Der Kanton Bern zum Beispiel will nach den Sommerferien vorerst einmal drei Wochen weiter testen. Und sich so ein Bild verschaffen, ob die Kinder aus den Ferien das Virus einschleppen. «Mit diesem Bild werden wir einen definitiven Entscheid fällen können, ob es weiterhin Massentests oder andere Methoden gibt», sagt der Berner Gesundheitsdirektor Pierre-Alain Schnegg. Zum Beispiel durch punktuelles Testen, dort wo es Ausbrüche gibt.

Wären die Kinder an der Macht – sie würden weitertesten, denn: «Dann weiss man, ob jemand Corona hat und in Quarantäne muss, damit er niemand anstecken kann», so der Neunjährige. Für ihn wird das Ins-Röhrchen-Spucken weiterhin kein Problem sein, auch wenn die Salzwasser-Lösung nicht so fein schmecke.

Echo der Zeit, 03.07.2021, 18:00 Uhr

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