Offset-Geschäfte beziehungsweise Gegengeschäfte sind wichtig für die Schweizer Rüstungsindustrie und ihre Auftragsbücher. Aber sie kosten auch: Im Falle des Kampfjets F-35 schlägt die US-Herstellerin Lockheed Martin ihren Aufwand für die Gegengeschäfte auf den Jet-Preis drauf.
Die Offset-Kosten dürften aufgrund unserer Informationen zwischen 700 und 800 Millionen Dollar liegen.
Um die Kosten von Offset-Geschäften wird häufig ein grosses Geheimnis gemacht. Doch beim F-35 lüftet sich jetzt der Schleier. «Die Offset-Kosten dürften aufgrund unserer Informationen zwischen 700 und 800 Millionen Dollar liegen», sagt Kaj-Gunnar Sievert vom Bundesamt für Rüstung (Armasuisse).
Das heisst: Der ursprünglich vereinbarte Kaufpreis von sechs Milliarden für die Kampfjets besteht zu fast einem Siebtel aus Kosten für Offset-Geschäfte. Das ist viel. Armasuisse beziffert den üblichen Anteil gestützt auf eine Studie der Universität St. Gallen auf rund einen Zwanzigstel des Kaufpreises.
Es wird geprüft, ob und in welchem Rahmen für Offset vorgesehene Mittel zur Abdeckung dieser Mehrkosten für den F-35 beitragen könnten.
Die Gegengeschäfte beim F-35 also sind vergleichsweise teuer. Und sie geraten unter Druck. Jetzt, da die USA deutlich mehr Geld verlangen, prüft der Bund Abstriche beim Offset: Kaj-Gunnar Sievert von Armasuisse bestätigt: «Es wird geprüft, ob und in welchem Rahmen für Offset vorgesehene Mittel zur Abdeckung dieser Mehrkosten für den F-35 beitragen könnten. Zum Beispiel durch Anpassung der Offset-Vereinbarung.»
Würde die Schweiz beim F-35 ganz auf Offset-Geschäfte verzichten, wäre weit über die Hälfte der zusätzlichen Geldforderung aus Washington von über einer Milliarde Dollar abgedeckt.
Wird hier bald wichtiges Know-how geopfert?
Unter besonders grossem Druck steht eines der teuersten Offset-Projekte: Der staatliche Rüstungskonzern Ruag will nämlich 4 der 36 bestellten F-35 in der Schweiz selber zusammenbauen – und so Know-how aufbauen für spätere Wartungsaufträge.
Laut zwei zuverlässigen Quellen trägt dieses Offset-Projekt allein 200 Millionen Franken zum Kampfjet-Kaufpreis bei. Kommt hinzu, dass das Projekt harzt und das Verteidigungsdepartement die Wirtschaftlichkeit in Frage stellt.
Wir sind in täglichem Austausch mit dem Hersteller, um den ‹Business Case› weiter zu schärfen.
Muss die Schweiz also auf den Zusammenbau von vier Flugzeugen verzichten, um Geld zu sparen? Noch ist nicht entschieden. Aber klar ist: Die Ruag will für «ihr» Projekt kämpfen.
Ruag-Sprecherin Kirsten Hammerich betont: «Wir sind überzeugt, dass wir mit den nötigen Investitionen, zielgerichteten Partnerschaften und dem Rückhalt unseres Eigners die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Projektverlauf schaffen können. Wir sind in täglichem Austausch mit dem Hersteller, um den ‹Business Case› weiter zu schärfen.»
Offset-Projekte opfern, um die Mehrkosten abzudämpfen? – darüber müsste unter Umständen das Parlament entscheiden. Bürgerliche Sicherheitspolitiker sind skeptisch.
Wir kennen die Zahlen seit dem 11. Juni. Jetzt müssen wir Zeit geben für die Verhandlungen.
Zum Beispiel Mitte Nationalrat Martin Candinas: «Wenn wir auf einen Teil des Offset-Geschäfts verzichten, bedeutet das weniger Arbeit für unsere Rüstungsindustrie. Aber auch weniger Wissen und weniger Arbeitsplätze. Ich bin aber klar der Meinung: Wir kennen die Zahlen seit dem 11. Juni. Jetzt müssen wir Zeit geben für die Verhandlungen.»
Verhandlungen mit den USA über die Mehrkosten beim Kampfjet. Über andere Optionen könne man erst danach diskutieren, erklärt Candinas. Linke Politikerinnen hingegen haben sich bereits für einen Verzicht auf Offset-Projekte ausgesprochen. Nachdem nun bekannt ist, was die Gegengeschäfte in etwa kosten, kann die politische Diskussion beginnen.