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UNO-Bericht zu Drogen Drogenkonsum steigt global an – die Situation in der Schweiz

Laut einem UNO-Bericht steigt die Zahl der Drogenkonsumenten an. Wie ist die Lage in der Schweiz? Die Übersicht.

Das ist passiert: Das UNO-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) hat in seinem aktuellen Weltdrogenbericht aufgezeigt, dass die Zahl der Menschen, die Drogen – abgesehen von Alkohol oder Tabak – zu sich nehmen, innerhalb eines Jahrzehnts um 28 Prozent zugelegt hat. Der Konsum steige somit schneller an als die globale Bevölkerung, erklärte UNODC-Chefin Ghada Waly am Internationalen Tag gegen Drogenmissbrauch. Derzeit sei sowohl eine wachsende Nachfrage als auch ein wachsendes Angebot zu beobachten, so der Bericht.

UNO-Bericht: Diese Drogen werden am meisten konsumiert

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Die Zahl der Drogenkonsumierenden und die meisten anderen Zahlen des Berichts beziehen sich auf das Jahr 2023 – das sind die neuesten Zahlen für eine weltweite Betrachtung der Lage.

Cannabis war demnach 2023 mit 244 Millionen Konsumenten deutlich die am weitesten verbreitete Droge, gefolgt von Opiaten (61 Millionen), Amphetaminen (30.7 Millionen), Kokain (25 Millionen) und Ecstasy (21 Millionen). Das UNODC geht davon aus, dass 64 Millionen Menschen im Jahr 2023 drogensüchtig waren – ein Anstieg von 13 Prozent innerhalb von zehn Jahren.

Für 2023 gingen die Experten von weltweit 316 Millionen Menschen aus, die Drogen mindestens einmal konsumiert haben. 2022 waren es 292 Millionen Menschen. Es dürfte aber ohnehin schwer sein, eine genaue Zahl für alle Regionen zu ermitteln.

Kokainproduktion auf Rekordniveau: Unter allen Drogen wachse der Markt für Kokain am schnellsten. Die illegale Kokainproduktion nahm laut dem Bericht 2023 im Jahresvergleich um mehr als einen Drittel auf die Rekordmenge von 3708 Tonnen zu. Die Zahl der Konsumenten stieg zwischen 2013 und 2023 von 17 Millionen auf 25 Millionen. Der Kokainboom führt nach Angaben der UNO-Fachleute nicht nur zu mehr Drogentoten, sondern auch zu mehr Gewalt zwischen rivalisierenden kriminellen Organisationen, die in den Drogenschmuggel involviert sind.

Person hält Glasscheibe mit Pulverstreifen und Karte.
Legende: Kokainboom in Europa: Mittlerweile wird auf dem alten Kontinent mehr weisses Aufputschmittel beschlagnahmt als in Nordamerika. (Symbolbild) Keystone/MARTIN RUETSCHI

Die Lage in der Schweiz: Frank Zobel ist Vizedirektor und Co-Leiter der Forschungsabteilung bei Sucht Schweiz. Gegenüber SRF sagt er, aktuelle Zahlen zur Schweiz gebe es nicht. Die letzten Umfragen seien aus dem Jahr 2022 und zeigten eine stabile Situation. Aber: «Wir sehen immer mehr Drogenprobleme im öffentlichen Raum und die Kokainwelle hat auch ganz klar die Schweiz erreicht.»

Der UNODC-Bericht

Reines, billiges Kokain: «Wir haben seit einigen Jahren sehr reines Kokain, das auch sehr billig ist, von vielen Anbietern», erklärt Zobel den Boom in der Schweiz. «Es ist sehr zugänglich und das ist ein weltweiter Trend, den man auch in den Nachbarländern sehen kann.» Dem Experten macht die Substanz sowie deren rauchbare Form Crack am meisten Sorge.

Die Gründe: Das Angebot steige, sagt Zobel weiter: «Es hat immer mehr von dem Stoff, es wird immer mehr in Lateinamerika produziert und es kommt immer mehr nach Europa.» Dies sehe man in den Sicherstellungen der europäischen Polizei. Der Suchtexperte verweist aber auch darauf, dass das Angebot heute wohl viel grösser sei als die Nachfrage.

Die positiven Entwicklungen: Frank Zobel sieht aber auch gute Trends hinsichtlich des heutigen Drogenkonsums. So sehe er insbesondere bei Jugendlichen in Europa und Nordamerika, dass sie weniger schädliche Substanzen konsumieren: «Sie rauchen weniger, sie trinken weniger Alkohol und sie konsumieren weniger Cannabis. Diese Generation weist einen tieferen Substanzkonsum auf, als jene vor 20 oder 30 Jahren.» Heutige Jugendliche zeigten zwar mehr Auffälligkeiten auf der Ebene der psychischen Gesundheit, «aber der abnehmende Drogenkonsum bei den Jugendlichen ist positiv zu bewerten.»

Wir haben den Krieg gegen die Drogen verloren.
Autor: Frank Zobel Vizedirektor und Co-Leiter der Forschung bei Sucht Schweiz

Experte fordert neue Drogenpolitik: Laut Zobel funktioniert das sogenannte Vier-Säulen-Modell der Drogenpolitik in der Schweiz sehr gut. Seiner Meinung nach brauche es aber ein globales Überdenken der Drogenpolitik: «Wir haben uns vor mehr als einem Jahrhundert dazu entschieden, eine Politik des Verbotes zu machen. Dies bringt heute Riesenmärkte mit viel Kriminalität und Gewalt. Da braucht es jetzt wirklich ein Umdenken. In welche Richtung kann ich nicht sagen. Aber irgendwann mal muss man zugeben: Wir haben den Krieg gegen die Drogen verloren.»

Das Vier-Säulen-Modell

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Säule 1: Prävention

Von der Kindheit bis ins hohe Alter: Prävention umfasst alle Lebensphasen. Die Stadt Zürich baut bewährte Präventionsprogramme zum Beispiel in Schulen oder für Eltern gezielt aus, um riskanten Substanzkonsum zu verhindern.

Säule 2: Schadensminderung

Negative Folgen des Drogenkonsums sowohl für Konsumierende wie auch für die Bevölkerung sollen reduziert werden. Dies will die Stadt mit Drogenkonsumräumen oder niederschwelligen Beratungsangeboten erreichen. Suchtmittelabhängige Personen werden eng begleitet, auch um neue Konsumtrends und mögliche Gefahren früh zu erkennen.

Säule 3: Therapie

Eine tragende Säule der Drogenpolitik ist die Therapie. Sie stabilisiert suchtkranke Menschen und bietet Perspektiven. Im letzten Jahr gab es 291 Eintritte in die Suchtfachklinik und 423 Patientinnen und Patienten befanden sich in städtischen Substitutionsprogrammen.

Säule 4: Repression

Dieser Pfeiler der Drogenpolitik will die Sicherheit und das Zusammenleben im öffentlichen Raum wahren. Ein Beispiel ist hier die Bäckeranlage, wo die Problematik mit Suchtkranken dank verstärkter Polizeipräsenz und anderen Massnahmen im Austausch mit der Quartierbevölkerung gelöst werden konnte.

SRF 4 News, 27.6.2025, 16:17 Uhr ; 

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