Das ist passiert: Das UNO-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) hat in seinem aktuellen Weltdrogenbericht aufgezeigt, dass die Zahl der Menschen, die Drogen – abgesehen von Alkohol oder Tabak – zu sich nehmen, innerhalb eines Jahrzehnts um 28 Prozent zugelegt hat. Der Konsum steige somit schneller an als die globale Bevölkerung, erklärte UNODC-Chefin Ghada Waly am Internationalen Tag gegen Drogenmissbrauch. Derzeit sei sowohl eine wachsende Nachfrage als auch ein wachsendes Angebot zu beobachten, so der Bericht.
Kokainproduktion auf Rekordniveau: Unter allen Drogen wachse der Markt für Kokain am schnellsten. Die illegale Kokainproduktion nahm laut dem Bericht 2023 im Jahresvergleich um mehr als einen Drittel auf die Rekordmenge von 3708 Tonnen zu. Die Zahl der Konsumenten stieg zwischen 2013 und 2023 von 17 Millionen auf 25 Millionen. Der Kokainboom führt nach Angaben der UNO-Fachleute nicht nur zu mehr Drogentoten, sondern auch zu mehr Gewalt zwischen rivalisierenden kriminellen Organisationen, die in den Drogenschmuggel involviert sind.
Die Lage in der Schweiz: Frank Zobel ist Vizedirektor und Co-Leiter der Forschungsabteilung bei Sucht Schweiz. Gegenüber SRF sagt er, aktuelle Zahlen zur Schweiz gebe es nicht. Die letzten Umfragen seien aus dem Jahr 2022 und zeigten eine stabile Situation. Aber: «Wir sehen immer mehr Drogenprobleme im öffentlichen Raum und die Kokainwelle hat auch ganz klar die Schweiz erreicht.»
Der UNODC-Bericht
Reines, billiges Kokain: «Wir haben seit einigen Jahren sehr reines Kokain, das auch sehr billig ist, von vielen Anbietern», erklärt Zobel den Boom in der Schweiz. «Es ist sehr zugänglich und das ist ein weltweiter Trend, den man auch in den Nachbarländern sehen kann.» Dem Experten macht die Substanz sowie deren rauchbare Form Crack am meisten Sorge.
Die Gründe: Das Angebot steige, sagt Zobel weiter: «Es hat immer mehr von dem Stoff, es wird immer mehr in Lateinamerika produziert und es kommt immer mehr nach Europa.» Dies sehe man in den Sicherstellungen der europäischen Polizei. Der Suchtexperte verweist aber auch darauf, dass das Angebot heute wohl viel grösser sei als die Nachfrage.
Die positiven Entwicklungen: Frank Zobel sieht aber auch gute Trends hinsichtlich des heutigen Drogenkonsums. So sehe er insbesondere bei Jugendlichen in Europa und Nordamerika, dass sie weniger schädliche Substanzen konsumieren: «Sie rauchen weniger, sie trinken weniger Alkohol und sie konsumieren weniger Cannabis. Diese Generation weist einen tieferen Substanzkonsum auf, als jene vor 20 oder 30 Jahren.» Heutige Jugendliche zeigten zwar mehr Auffälligkeiten auf der Ebene der psychischen Gesundheit, «aber der abnehmende Drogenkonsum bei den Jugendlichen ist positiv zu bewerten.»
Wir haben den Krieg gegen die Drogen verloren.
Experte fordert neue Drogenpolitik: Laut Zobel funktioniert das sogenannte Vier-Säulen-Modell der Drogenpolitik in der Schweiz sehr gut. Seiner Meinung nach brauche es aber ein globales Überdenken der Drogenpolitik: «Wir haben uns vor mehr als einem Jahrhundert dazu entschieden, eine Politik des Verbotes zu machen. Dies bringt heute Riesenmärkte mit viel Kriminalität und Gewalt. Da braucht es jetzt wirklich ein Umdenken. In welche Richtung kann ich nicht sagen. Aber irgendwann mal muss man zugeben: Wir haben den Krieg gegen die Drogen verloren.»