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Verhandlungen mit den USA Sind Sie mitschuldig am Zolldebakel, Herr Cassis?

Am Rande des Filmfestivals Locarno nahm der Aussenminister erstmals Stellung zur immer lauter werdenden Kritik.

Es war der Tag der Diplomatie am Locarno Film Festival. Prominenter Gast: Aussenminister Ignazio Cassis. Was die Diplomatie zwischen der Schweiz und den USA betrifft, läuft es derzeit allerdings nicht rund – Stichwort Zollverhandlungen. Am schlechten Ergebnis trage der Aussenminister eine Mitschuld, so die immer lauter werdende Kritik.

Bundesrat Cassis kontert: «Die Beziehung zu den USA ist eine gesamtbundesrätliche Angelegenheit. Sie betrifft alle sieben Departemente – also sogar mehr als die Beziehungen zur EU, wo das Verteidigungsdepartement nicht betroffen ist.»

Cassis in Locarno.
Legende: Der Aussenminister rückt in den Fokus: Viele fragen sich, welche Rolle er in der Krise spielt. Schliesslich laufen bei Cassis die diplomatischen Fäden zusammen – hätte er das nicht stärker nutzen können? Keystone/Jean-Christophe Bott

Mit anderen Worten: Die Zollverhandlungen mit den USA sind Teamwork – und dabei habe jedes Mitglied der Landesregierung seine Rolle und Aufgabe. «Ich habe die Kern- und Steuerungsgruppe in zehn Sitzungen geführt. Wenn die Verwaltung richtig gearbeitet, ist das sicher dem EDA zuzuordnen.»

Die Arbeit sei nach aussen hin nicht spektakulär, so der Aussenminister weiter: «Es gibt wenige grosse Appelle in den Medien und schöne Fotos. Aber diese Arbeit muss gemacht werden – und das mache ich.»

Wir kennen unseren Job. Sie sind Journalisten, wir sind Exekutivmitglieder und wissen, was notwendig ist.
Autor: Ignazio Cassis Schweizer Aussenminister

Auf die Frage, ob er als Aussenminister nicht seine diplomatischen Beziehungen spielen lassen und beispielsweise mit einem Trupp aus wichtigen Persönlichkeiten aus der Wirtschaft nochmals nach Washington reisen könne, kontert Cassis: «Wir kennen unseren Job. Sie sind Journalisten, wir sind Exekutivmitglieder und wissen, was notwendig ist.»

Cassis mit dem britischen Aussenminister David Mally (links).
Legende: «Tag der Diplomatie» – begleitet vom britischen Aussenminister David Lammy und bohrenden Fragen der Medienschaffenden zu Trumps Zollhammer. Ignazio Cassis war in seinem Heimatkanton gefordert. Keystone/Jean-Christophe Bott

Die Diskussion erscheine ihm wie diejenigen rund um die Spiele der Fussball-Nati: «Plötzlich haben wir neun Millionen Trainer und alle wissen, wie man ein Tor schiesst. Dieses Tor schiesst aber die Mannschaft – und nicht diejenigen, die sagen, wie das passieren soll.»

Im weiteren betont der Aussenminister, dass es nach einer Verschnaufpause eine zweite Verhandlungsrunde mit den USA brauche. «Wir machen alles, was nötig ist», schliesst ein zuversichtlicher Bundesrat Cassis. «Im ersten Anlauf hat es zwar nicht geklappt. Es wird aber weitere Anläufe geben – bis es dann klappt.»

Echo der Zeit, 11.08.2025, 18 Uhr

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