Wiedereinführung der Maskenpflicht in den Schulen, 3G-Pflicht für Spital- und Heimbesuche sowie Booster-Impfung für alle: Einige Schweizer Kantone ziehen angesichts der steigenden Fallzahlen die Corona-Schrauben an. Doch was nützen diese lokalen Massnahmen?
Viele Kantone führen in den Schulen die Maskenpflicht ein und testen wieder regelmässig. Das ist sinnvoll, da die Fallzahlen in den Altersgruppen bis 20 Jahren hoch sind. Allerdings können die Kinder und Jugendlichen auch ausserhalb der Schulen angesteckt werden, zum Beispiel zu Hause durch die Eltern.
Manche Kantone, etwa Luzern, erwägen eine Maskenpflicht bei 3G-Anlässen in Innenräumen . Auch dies kann einen Beitrag zur Bekämpfung des Virus leisten. Denn die meisten Geimpften haben noch keinen Booster erhalten, und die Tests erkennen bei den Ungeimpften nicht alle Infizierten. Darum muss bei grösseren Anlässen damit gerechnet werden, dass Ansteckende dabei sind. Masken können in diesem Fall die Ansteckungen reduzieren.
Zertifikatspflicht in Heimen und Spitälern mit zusätzlicher Maskenpflicht schützt die Bewohner und Patientinnen, obwohl ein Restrisiko bleibt. Zur Reduktion der Fallzahlen trägt eine solche Massnahme jedoch wohl nicht allzu viel bei.
Wohl zu spät für Massnahmen-Verschärfung
Der Bundesrat lobt lokale Massnahmen, weil sie der lokalen Situation angepasst seien. Jedoch verlassen sehr viele Pendler täglich ihre Region für die Arbeit. Das Virus kennt keine Kantonsgrenzen und die Menschen sehen sich teilweise mit sehr unterschiedlichen Regeln konfrontiert. Dies hilft vermutlich nicht dabei, dass die Vorschriften gut eingehalten werden.
Momentan haben viele kleine Kantone hohe Fallzahlen. Wenn dort die Intensivstationen voll sind, ist es noch möglich, Patienten in andere Kantone zu verlegen. Aber auch schon in einigen grösseren Kantonen steigen die Belegungszahlen in den Intensivstationen, zum Beispiel Luzern, St. Gallen oder Aargau. Sollten die Intensivstationen dort voll sein, wird es mit Verlegen schwierig.
Hinzu kommt: Viele Kantone, in denen die Inzidenz bisher noch nicht ganz so hoch ist, haben hohe R-Werte. Das heisst, dass sich auch bei ihnen das Virus stark verbreitet. Die Reserven in den Intensivstationen könnten deshalb innert weniger Wochen ausgeschöpft sein.
Welche weiteren Massnahmen noch denkbar sind
Alles, was die Weitergabe des Virus verhindert, kann den Anstieg der Fallzahlen bremsen: Eine generelle Maskenpflicht bei 3G-Anlässen im Innern sowie 2G oder 2G Plus. Und flächendeckende Massnahmen in den Schulen, neben Maskenpflicht und regelmässigen Tests auch die Kontrolle der Luftqualität und entsprechendes Lüften.
Viele Experten sagen aber, dass all dies wohl nicht mehr reichen wird, um den starken Zuwachs an Fällen zu bremsen. Es brauche Massnahmen, die auch Kontakte reduzieren, zum Beispiel Teilnehmer-Obergrenzen für Anlässe im Innern, wie es manche Kantone erwägen oder Homeoffice. Selbst Bundespräsident Parmelin schreibt laut Tagesanzeiger in einem Brief an die Kantone: In verschiedenen Kantonen seien die Fallzahlen mittlerweile so hoch, «dass rasch Massnahmen zur Kontaktreduktion angezeigt sind».
Vor allem aber: Impfen! Möglichst viele Ungeimpfte sollten sich doch noch impfen lassen. Und allen Geimpften sollte eine schnelle Booster-Impfung ermöglicht werden. Das drückt die Fallzahlen nicht sofort, aber es wirkt mittelfristig besser als all die anderen Massnahmen.