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Welttag der Suizidprävention Immer mehr junge Frauen äussern Suizidgedanken

Ein Bericht zeigt, dass sich hierzulande weniger Menschen das Leben nehmen. Eine Entwicklung lässt aber aufhorchen.

Die gute Nachricht: Die Suizidrate in der Schweiz ist sinkend. Nahmen sich 1998 hierzulande auf 100'000 Einwohnerinnen und Einwohner 20.8 Menschen das Leben, sind es 2022 noch deren 11. Dies zeigt ein Bericht des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums (Obsan) , der im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit erstellt wurde.

2022 sind 958 Personen an Suizid gestorben: Davon waren 695 Männer und 263 Frauen. Auf den Suizid einer Frau kommen also etwa drei Suizide von Männern. Dieser Geschlechterunterschied besteht bereits seit Jahren und blieb über die Jahre weitgehend stabil. Insgesamt zeigt sich bei den Männern gar eine rückläufige Entwicklung über alle Altersgruppen hinweg.

Liniendiagramm der Hospitalisierungen aufgrund von Suizidversuchen nach Alter und Geschlecht von 2017 bis 2022.
Legende: Obsan/Screenshot

Suizidgedanken bei mehr jungen Frauen: Gleichzeitig weist der Bericht auf eine Steigerung einer bereits bekannten besorgniserregenden Entwicklung hin. Besonders 15- bis 19-jährige Frauen berichteten 2022 von Suizidgedanken (23.1 Prozent) oder von Suizidversuchen in den letzten fünf Jahren (7 Prozent). Ebenfalls zeigen Zahlen der Spitäler: Die Hospitalisierungen aufgrund eines mutmasslichen Suizidversuchs haben bei dieser demografischen Gruppe ebenfalls zugenommen. Gab es 2017 auf 1000 Einwohnerinnen noch 3.8 hospitalisierte Frauen in dieser Altersgruppe, sind es 2022 deren 9.5 – eine satte Verdoppelung.

Wie umgehen mit suizidal gefährdeten Jugendlichen?

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Alarmsignale beachten!

Sozialer Rückzug oder Freudlosigkeit sind wichtige Warnsignale. Wenn Kinder oder Heranwachsende Ankündigungen machen, im Sinn von «ich will nicht mehr leben», muss man das ernst nehmen.

Betroffene ansprechen?

Verstärke ich eine mögliche Suizidalität, indem ich sie anspreche? Der wissenschaftliche Stand ist: nein. Eine suizidale Krise wird nicht verstärkt, wenn man im offenen Gespräch lösungsorientiert darüber spricht.

Das soziale Umfeld informieren?

Wenn sich eine Person in akuter Suizidgefahr befindet, müssen Familie oder Freunde Hilfe suchen und das Umfeld unter Einbezug der Suizidgefährdeten über das Risiko informieren.

«Puls kompakt»: Drei Empfehlungen für den Umgang mit suizidalen Jugendlichen

Pro Juventute stösst ins gleiche Horn: Auch bei der Notrufnummer 147 bestätigt eine Sprecherin gegenüber SRF diese Entwicklung. «Die Beratungen wegen Suizidgedanken haben seit 2019 stark zugenommen. Waren es damals drei bis vier Beratungen am Tag, sind es inzwischen deren acht bis neun», heisst es. 70 Prozent der Ratsuchenden seien weiblich. Falls bei 147 eine Person anruft, die ernsthafte Suizidabsichten äussert, bietet Pro Juventute Polizei oder Sanität auf. Solche Kriseninterventionen haben sich allein im letzten Jahr verdoppelt: «Hatten wir im ersten Halbjahr 2023 noch 74 Kriseninterventionen, waren es im ersten Halbjahr 2024 bereits 101 solche Fälle.»

Brauchen Sie Hilfe?

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Es gibt verschiedene Stellen, an die sich Menschen in suizidalen Krisensituationen wenden können. Rund um die Uhr, vertraulich und kostenlos.

Jugendpsychiater beobachtet ebenfalls Zuspitzung: Gregor Berger, Notfallpsychiater in der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich, überrascht der Bericht nicht. «Dies deckt sich mit unseren Beobachtungen. Die Notfallkonsultationen sind dramatisch angestiegen – und das bereits seit 2016.» Auch er bestätigt, dass mehr weibliche Jugendliche davon betroffen seien. Interessant: Berger sagt, dass es Hinweise gebe, dass auch die vollendeten Suizidzahlen bei jungen Frauen deutlich ansteigen. Nur gebe es noch keine aktuellen Daten, da dies erst nach drei bis vier Jahren vom Bund ausgewiesen werde.

«Mädchen richten ihren Frust gegen sich selbst»

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Berger sagt, weibliche Jugendliche seien vulnerabler bei Beziehungsproblemen: «Wenn sie in der Beziehung mit Gleichaltrigen Probleme haben, hat das für sie einen viel stärkeren Einfluss auf ihr Wohlbefinden als bei Buben. Diese agieren eher gegen aussen, sprich: Die geben sich eins aufs Dach und dann ist es aber auch wieder vorbei.»

Bei den Mädchen gehe das länger und diese richteten ihren Frust gegen sich selbst und zögen sich eher zurück. «So kommt es dann auch eher zu Suizidgedanken. Aber natürlich ist das eine Pauschalisierung: Es gibt auch Mädchen, die ihre Emotionen gegen aussen tragen.»

Die Gründe sind vielfältig: «In der heutigen Multioptionsgesellschaft sind viele Jugendliche, und besonders die weiblichen Jugendlichen, stark überfordert. Die Ansprüche, die an sie gestellt werden, sind viel komplexer als noch vor wenigen Jahren», sagt Berger. Dann die globale Lage: «Wir kommen eigentlich gar nicht mehr aus dem Krisenmodus heraus – sei das die Umwelt, aber auch die Kriege.»

Berger macht die Digitalisierung verantwortlich: «Seit 2016 haben die Handys definitiv Einzug ins Kinderzimmer gehalten: Man schläft weniger, man vergleicht sich mehr. Man ist exponierter gegenüber Mobbing. Früher war das in der Schule. Jetzt ist es 24/7. Das löst Stress aus, und chronischer Stress führt zu psychischen Veränderungen wie Depressionen oder Ängsten. Suizidalität ist ein Symptom dieser Belastung.»

Regionaljournal Zürich, 10.09.2024, 17:30 Uhr

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