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Abkommen mit Mercosur Schweizer Delegation zufrieden mit dem Freihandelsabkommen

Bundesrat Guy Parmelin lobt die Schweizer Verhandlungsführung. Skepsis ist beim Bauernverband herauszuhören.

Die intensiven Verhandlungen und der lange Rückflug aus Brasilien waren der kleinen Delegation aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft anzusehen, als sie am Flughafen Zürich vor die Medien trat.

Mercosur – 270 Millionen Menschen

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Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay bilden den Wirtschaftsblock Mercosur. In diesen Ländern Südamerikas leben rund 270 Millionen Menschen – alles Konsumentinnen und Konsumenten.

Trotzdem gab sich Economiesuisse-Präsident Christoph Mäder energiegeladen und begeistert: «Das Abkommen mit den Mercosur-Staaten ist ein grosser Erfolg.» Auch Bundesrat Guy Parmelin zog eine positive Bilanz.

Konkret sieht das Abkommen vor, dass die Zölle auf 95 Prozent der Schweizer Exporte in die Mercosur-Staaten wegfallen. Das zu erreichen, sei schwierig gewesen, sagte Parmelin. «Wir haben versucht, die Interessen aller zu berücksichtigen.» Sicher, man habe Konzessionen eingehen müssen. «Diese sind aber erträglich», so Parmelin.

Skepsis beim Bauernverband

Die Konzessionen dürften allerdings noch zu Reden geben. Denn im Gegenzug für eine weitgehende Zollbefreiung und den Abbau anderer Handelshemmnisse dürfen die Mercosur-Staaten zum Beispiel mehr Rindfleisch oder Geflügel zollfrei in die Schweiz exportieren.

Es ist kritisch, wenn wir den Import für Produkte erleichtern, die wir auch in der Schweiz herstellen.
Autor: Beat Röösli Schweizer Bauernverband

Hier gelte es genau hinzuschauen, sagt Beat Röösli vom Schweizer Bauernverband. Positiv seien etwa die Käse-Exportmöglichkeiten. «Kritisch aber ist, dass wir die Importe für Produkte erleichtern, die wir auch in der Schweiz herstellen.»

Bei der Beurteilung solcher Konzessionen dürfe man nicht nur das einzelne Handelsabkommen betrachten, sondern man müsse die gesamte Entwicklung im Blick haben, so Röösli. So könnten sich Kontingente aus mehreren Freihandelsabkommen und mit verschiedenen Staaten summieren. «Und plötzlich läuft das Fass über», so Röösli.

Bauernverband bringt «Investitionshilfen» ins Spiel

Das könnte zum Beispiel dann der Fall sein, wenn die Schweiz in Verhandlungen mit den USA oder anderen Handelspartnern weitere Konzessionen bei sensiblen Landwirtschaftsprodukten machen würde, befürchtet Röösli.

Wir sind bekannt dafür, extrem auf der Bremse zu stehen.
Autor: Helene Budliger Staatssekretärin im Seco

Staatssekretärin Helene Budliger, die auch Teil der Delegation in Brasilien war, beruhigt: «Wir kennen diese Befürchtungen und sind bekannt dafür, extrem auf der Bremse zu stehen.»

Kritische Töne von Alliance Sud

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Grundsätzliche Kritik am Freihandelsabkommen mit den Mercosurstaaten kommt von Entwicklungsorganisationen. «In Zeiten des Klimawandels macht es keinen Sinn, dass derart grosse Mengen an Gütern hin und her transportiert werden», sagt Isolda Agazzi von Alliance Sud, dem Kompetenzzentrum der Schweizer NGOs. Vielmehr sollten wir lokal anbauen und handeln. Das sei auch das, was die Menschen wollten.

Man habe im Abkommen viel für die Landwirtschaft herausgeholt: «Auch die Schweizer Bauern haben offensive Interessen – und wir haben einen guten Marktzugang erhalten», betont sie.

Röösli vom Bauernverband will sich noch nicht zu den Details äussern. Zuerst will er diese im Vertragstext studieren. Klar ist für ihn aber: Sollten die Bauern wegen des Abkommens das Nachsehen haben, braucht es Kompensationen. Röösli spricht von möglichen «Investitionshilfen».

Geistiges Eigentum nicht geschützt

Neben den Konzessionen bei der Landwirtschaft dürfte auch der Schutz des geistigen Eigentums zu reden geben. Die Schweizer Pharmaindustrie fordert – wie immer bei Handelsabkommen – einen strengen Schutz für ihre Patente und Studiendaten. Hier konnte sich die Schweiz nicht durchsetzen.

Die Mercosurstaaten hätten sich immerhin dazu verpflichtet, ausländische Produkte beim Patentschutz nicht zu diskriminieren, sagt Staatssekretärin Budliger. Aber Brasilien behalte sich vor, unter bestimmten Bedingungen Zwangslizenzen zu erteilen. Der Staat könnte es Unternehmen also erlauben, eine Erfindung ohne Zustimmung des Patentinhabers zu nutzen. Das aber sei in den letzten Jahrzehnten erst einmal vorgekommen, so Budliger.

Die ersten Positionsbezüge zeigen: Ganz geräuschlos dürfte die Ratifizierung des Abkommens nicht über die Bühne gehen.

Echo der Zeit, 4.7.2025, 18 Uhr;liea

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