Nach acht Jahren Verhandlungen hat Wirtschaftsminister Guy Parmelin am 16. September in Brasilien das Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten unterzeichnet.
SRF News: Welche Bedeutung hat das Freihandelsabkommen?
Guy Parmelin: Das ist sehr wichtig, es bringt Sicherheit und Diversifizierung. 180 Millionen Franken Zoll werden abgebaut. Für unsere Wirtschaft, besonders für unsere KMU, ist das angesichts der geopolitischen Situation – Protektionismus und internationale Lage – wichtig.
Mit Blick auf die USA: Inwiefern gewinnt das Abkommen mit den Mercosur-Staaten an Bedeutung?
Es bringt mehr Diversifizierung, Alternativen und Rechtssicherheit. Wir öffnen neue Märkte für unsere Wirtschaft und unsere KMU. Wir haben über acht Jahre verhandelt, es gab einige Regierungswechsel in Südamerika. Jetzt kommt der Abschluss des Freihandelsabkommens in einem guten Moment angesichts geopolitischer Machtdemonstrationen und Powerplay.
Kritik äussern vor allem die Bauern. Sie befürchten eine Zunahme von Fleischimporten – vor allem Rindfleisch und Geflügel: Was sagen Sie zu diesen Befürchtungen?
Das sind übertriebene Befürchtungen. Das sind kleine Kontingente, die das konsolidieren, was bereits heute schon existiert. Es handelt sich vor allem um Konzessionen im Pflanzenbau. Das wird die Landwirtschaft nicht in Gefahr bringen. Im Fall von Problemen haben wir eine Schutzklausel, die wir aktivieren könnten.
Zum Thema Nachhaltigkeit haben wir ein ganzes Kapitel verhandelt.
Die Grüne Partei droht mit einem Referendum: Welche Trümpfe haben Sie in der Hand, damit das Freihandelsabkommen nicht an einem Referendum scheitert?
Wir haben gute Argumente in Sachen Nachhaltigkeit, dazu haben wir ein ganzes Kapitel verhandelt. Darin ist enthalten, dass die indigene Bevölkerung einbezogen wird. Konkret ist darin festgehalten, dass wir uns gegen die Abholzung der Wälder einsetzen. Das ist wichtig für die Zukunft. Das Abkommen sieht Klauseln vor, die den Ländern verbieten, Normen zu schwächen, um mehr Handel treiben zu können.
Mit den USA sind Zölle in der Höhe von 39 Prozent gegenüber der Schweiz in Kraft. Welches Update haben Sie für uns?
Wir stehen weiterhin in Diskussion mit den USA. Mehr kann ich nicht sagen.
Die Schweiz als kleine exportorientierte Volkswirtschaft – wenn Sie auf alle Handelsbeziehungen schauen: Wie ist die Schweiz heute aufgestellt?
Wir sind gut vernetzt. Wir verfügen über mehr als 30 Freihandelsabkommen. Das Freihandelsabkommen mit Indien tritt am 1. Oktober in Kraft. Mit Mercosur, mit Malaysia und Thailand sind wir auf gutem Weg. Aktuell modernisieren wir die Freihandelsabkommen mit China und Grossbritannien. Wir haben Zeichen von Mexiko, Kanada und Südafrika, dass sie interessiert sind, Verhandlungen aufzunehmen.
Sie finden also, die Schweiz ist an einem guten Punkt in ihren Handelsbeziehungen?
Ja, natürlich. Das bedeutet aber auch viel Arbeit: Wir sind ständig gefordert, gute Ideen einzubringen. Das Wichtigste für uns ist, unserer Wirtschaft mehr Diversifizierung zu ermöglichen. Mit Protektionismus und der aktuellen geopolitischen Situation wird das immer schwieriger. Wir dürfen nicht vergessen: Die EU steht vor der Unterzeichnung eines Freihandelsabkommens mit den Mercosur-Staaten. Sobald das geschehen ist, kann das Abkommen angewendet werden: Das würde heissen, dass die EU im Handel mit den Mercosur-Staaten gegenüber der Schweiz einen Vorteil von 30 bis 35 Prozent Differenz bei den Zöllen hätte. Für unsere Wirtschaft wäre das untragbar.
Das Interview führte Matthias Pfander.