Dieses Jahr profitieren viele Angestellte noch von der guten Wirtschaftslage und den Lohnverhandlungen im 2019. Das zeigt die aktuelle Erhebung des Bundesamtes für Statistik.
Insgesamt sind die Löhne, die durch einen Gesamtarbeitsvertrag geregelt sind, in der Schweiz im Vergleich zum Vorjahr um 0.9 Prozent gestiegen. Nimmt man noch die negative Teuerung durch die tiefen Preise hinzu, ist es gar ein Plus von 1.6 Prozent.
Komplett andere Vorzeichen
Seit März haben sich die Vorzeichen allerdings komplett verändert. Das hat auch Folgen für die Löhne im kommenden Jahr, sagt Gabriel Fischer, Leiter Wirtschaftspolitik beim Gewerkschafts-Dachverband Travailsuisse: «Es zeigt sich, dass es für viele Arbeitnehmende eine Nullrunde geben wird. Es waren sehr schwierige Lohnverhandlungen unter der Voraussetzung der Coronakrise.»
Besonders in den betroffenen Branchen geht es bei vielen Angestellten momentan um existenzielle Fragen: «Gerade beim Gastgewerbe, aber auch bei der Hotellerie steht die Sicherung der Arbeitsplätze im Vordergrund. Da wird es eine Nullrunde geben. Eine Lohnerhöhung ist schlicht nicht möglich.»
Applaus und 20 Franken
Enttäuschend sei hingegen die Lohnsituation für die Angestellten im Gesundheitsbereich, kritisiert Fischer.
Zwar hätte es viel Applaus gegeben für den Einsatz des Gesundheitspersonals. Aber nicht mehr: «Jetzt ginge es darum, diese Anerkennung auch monetär auszudrücken. Da wird geknausert. Wenn die Arbeitnehmenden auf dem Lohnausweis 20 Franken mehr haben, ist das schon fast ein Hohn. Das kann nicht als Wertschätzung genommen werden.»
Auch eine Sache der Politik
Aus Sicht der Arbeitgeber stünden in der jetzigen Situation allerdings nicht eine Lohnerhöhung im Vordergrund, sondern andere Massnahmen, meint Fredy Greuter, Mediensprecher des Arbeitgeberverbandes: «Das Gesundheitswesen braucht primär Entlastung, damit es nicht kollabiert. Auch nach dem Ende der Pandemie muss es ganz generell attraktive Arbeitsplätze und Karrierechance bieten können.»
Auf die Frage, ob das Gesundheitspersonal nicht doch mehr verdient habe als nur Entlastung und Applaus, sagt Fredy Greuter: «Wenn es die betriebswirtschaftliche Situation zulässt, wäre es angebracht, dass die Mitarbeiter einen Zustupf enthalten würden. Tatsache ist aber auch, dass viele Spitäler noch im Sommer unter Auslastungsproblemen gelitten haben und dass auch grosse finanzielle Belastungen entstanden sind.»
Diese werden in der Regel von der öffentlichen Hand getragen, meist von den Kantonen. Abgesehen von privaten Gesundheitsinstitutionen hat es auch die Politik in der Hand, den Einsatz des Gesundheitspersonals mit mehr Lohn oder mit einem zusätzlichen Bonus zu honorieren.