Jeder gegen jeden, das scheint derzeit das Motto zu sein in der Zollpolitik. Nicht nur US-Präsident Donald Trump verhängt happige Zölle auf Einfuhren in die USA. Auch die EU will sich nun verstärkt mit Zöllen schützen – und zwar gegen Billigstahl aus China. Betroffen davon ist auch die Schweiz.
Die EU will die Importzölle auf Stahl verdoppeln. Was treibt Brüssel dazu?
Es wird viel zu viel Stahl produziert für den Weltmarkt. Grossproduzent China beispielsweise drängt mit subventioniertem Stahl auf den europäischen Markt. Das bedroht die europäische Stahlindustrie. Mit höheren Zollschranken wehrt sich die EU dagegen. Sie halbiert ihr bestehendes Zollfreikontigent für Stahlimporte in die EU und verdoppelt den Zoll auf 50 Prozent. Das sind drastische Massnahmen. Das Problem aus Schweizer Sicht ist: Dadurch wird es eng für zollfreie Lieferungen von Schweizer Spezialstahl, beispielsweise für die Autoindustrie in Deutschland, wenn die EU derart kräftig an der Zollschraube dreht. Das jetzige Arrangement der Schweiz mit der EU wird infrage gestellt.
Wie stark ist der Schweizer Stahlexport in die EU betroffen?
Schmerzfrei wird es nicht sein. Aber wie gross der Schaden für die Schweizer Stahlindustrie ist, das ist noch nicht klar. Branchenexperte Jean-Philippe Kohl von Swissmem sagt gegenüber SRF: Wenn das globale Kontingent halbiert wird, dann wird die EU für die Schweiz nicht einfach alles bei den bisher geltenden Kontingenten belassen können. Das bedeutet: Wahrscheinlich gibt es also in der Schweiz einen Kollateralschaden aus der EU-Zoll-Verschärfung. Nun braucht es Gespräche zwischen Bern und Brüssel, um den Schaden zu begrenzen. Die Schweizer Handelsdiplomatie ist gefordert.
Wie ist das einzuordnen vor dem Hintergrund, dass die Schweizer Stahlindustrie auch sonst keine einfachen Zeiten hat?
Die Zölle sind nicht das einzige Problem der Stahl-Branche. Es ist schwierig, bei den hohen Produktionskosten in der Schweiz, profitabel zu arbeiten. Stahl Gerlafingen zum Beispiel hat die Produktion von gewissen Stahl-Sorten für den Export bereits eingestellt, es wurden Stellen abgebaut. Für Gerlafingen ist der Export in die EU – zumindest beim sogenannten Profilstahl – also bereits Geschichte. Besser hält sich das Werk von Swiss Steel in Emmenbrücke. Swiss Steel kommt zugute, dass die Firma im globalen Vergleich klimaschonend produziert. Die EU ist nämlich grundsätzlich interessiert an möglichst «grünem», hochwertigem Stahl. Deshalb hat solcher Spezialstahl aus der Schweiz wohl auch unter dem verschärften Regime eine Chance, von der EU hineingelassen zu werden. Denn schliesslich wehrt sich die EU mit den Massnahmen vor allem gegen billige Massenproduktion aus China, nicht gegen Schweizer Qualitätsstahl.