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Nach Ende der Coronahilfen Jetzt rollt die Konkurswelle an

Seit April gibt es landesweit fast 20 Prozent weniger Konkurse als in den Vorjahren. Der Grund: Bund und Kantone haben mit Krediten, Kurzarbeit und Betreibungsstopps das Überleben vieler Firmen gesichert. Doch seit Mitte Oktober gelten die Konkursschutz-Massnahmen des Bundes nicht mehr.

Das Geschäft macht Huber Getränkehandel normalerweise mit Musikclubs, Bars und Restaurants. Aber die meisten Clubs bleiben bis auf Weiteres geschlossen. Der Getränkehändler lässt bereits gelieferte Getränke wieder abholen. Und weil einigen Betrieben das Geld ausgeht, liefert der Getränkehändler vorläufig nur noch gegen Barzahlung.

Auch der laut eigenen Angaben grösste Schweizer Wirtschaftsauskunftsdienst Crif beobachtet, dass die Gläubiger vorsichtiger werden. So sagt Mediensprecherin Heidi Hug: «Normalerweise werden Neukunden auf ihre Bonität überprüft. Wir haben nun aber festgestellt, dass unsere Kunden vermehrt und häufiger ihre bestehenden Kunden überprüfen, um so das Risiko eines Ausfalls zu minimieren.»

Denn viele Unternehmen stünden derzeit auf unsicheren Beinen, die Wahrscheinlichkeit von Konkursen steige, sagt Hug. Ein Indiz dafür sei die Zahl der Betreibungsregistereinträge. Verglichen mit dem Vorjahr hätten in den letzten drei Monaten 40 Prozent mehr Auszüge einen Betreibungseintrag. Ein solcher Eintrag zeige, dass eine Firma betrieben werde und eine Schuld bestehe, die getilgt werden müsse.

Unnatürlich wenig Konkurse

Bis anhin gab es dieses Jahr weniger Konkurse als im Vorjahr. So nahmen etwa in den vermeintlich gebeutelten Branchen wie Getränke- oder Kleiderhandel die Konkurse laut der Wirtschaftsauskunft Crif um 31 Prozent ab. Bei den persönlichen Dienstleistungen, wie etwa Kosmetik- und Coiffeursalons gab es sogar 35 Prozent weniger Pleiten als im Vorjahr.

Hug sagt, die Covid-Hilfsmassnahmen verfälschten die durchschnittliche Firmensterblichkeit. «Viele Firmen hätten vielleicht ohne Covid gar nicht so lange überlebt. Sie haben nur dank der Hilfsmassnahmen überlebt. Die Pandemie hatte aber keinen Einfluss auf das Geschäft dieser Firmen, denn es gibt immer eine gewisse Anzahl Firmen, die pro Jahr in Konkurs gehen. Das ist ganz normal.» Sie erwartet nun, dass mit dem Auslaufen der Hilfen, solche Firmen aufgeben werden.

Konkursamt bereitet sich auf Konkurswelle vor

Auf diese Pleitewelle bereitet sich der Konkursbeamte Marco Lucchinetti vor. Er ist Leiter einer Konkurs-Taskforce, die das Zürcher Obergericht eingesetzt hat. Die mit 10 neuen Stellen dotierte Taskforce soll die erwartete Konkurswelle bewältigen. «Im Oktober sind die Schutzmassnahmen des Bundes ausgelaufen», so Lucchinetti. «Es wird nun ein normaler Wirtschaftskreislauf in Gang kommen. So wird es zu erhöhten Betreibungszahlen kommen. Diese werden dann zeitverzögert zu mehr Konkursen führen. Wir rechnen, dass die Welle ungefähr im Februar, März des nächsten Jahres bei uns eintreffen wird.»

Nachdem die Konkurse in diesem Jahr unter dem langjährigen Schnitt bleiben, kündigt sich ein «Nachholeffekt» an, der Anfang des kommenden Jahres deutlich Spuren hinterlassen wird.

10vor10, 17.11.2020, 21:50 Uhr

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