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Klage gegen Beiersdorf Bezahlt Migros zu viel für Nivea? Weko ermittelt

Beiersdorf verweigert der Migros mutmasslich den Bezug von Nivea-Produkten zu gleichen Konditionen wie im Ausland.

Das ist passiert: Die Eidgenössische Wettbewerbskommission (Weko) hat eine Untersuchung gegen Beiersdorf gestartet. Die Kartellwächter prüfen nun, ob das vor allem für seine Haut- und Körperpflegeprodukte bekannte Konsumgüterunternehmen über eine übermächtige Marktstellung verfügt und ob es diese möglicherweise wettbewerbswidrig ausnutzt.

Die Details: Konkret wird der deutsche Konzern laut einem Communiqué verdächtigt, der Migros den Bezug von Nivea-Produkten zu gleichen Konditionen wie im Ausland verweigert zu haben. In der Untersuchung geht die Weko der Frage nach, ob Beiersdorf gegenüber der Migros eine sogenannte relative Marktmacht besitzt.

Nivea-Dose unter einer Maschine.
Legende: Die Weko untersucht nun, ob die Migros von Beiersdorf in einer Weise abhängig ist, dass keine ausreichenden und zumutbaren Ausweichmöglichkeiten bestehen. Keystone / MARCUS BRANDT

Dauer von 1.5 Jahren: Falls so eine Markmacht bestünde, sei zu untersuchen, ob Beiersdorf diese Stellung auch missbrauche. Etwa, indem der Konzern von der Migros höhere Preise für identische Nivea-Produkte verlange als von vergleichbaren Detailhändlern im Ausland, heisst es weiter in der Mitteilung der Weko.

Die Vorgeschichte: Die Migros hatte Ende Januar eine Anzeige gegen Beiersdorf in der Sache eingereicht, wie eine Weko-Sprecherin entsprechende Medienberichte auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP bestätigte. Laut diesen Berichten waren Verhandlungen mit Beiersdorf um bessere Konditionen im Herbst 2024 endgültig gescheitert. Die Untersuchung werde rund 18 Monate in Anspruch nehmen, erklärte die Sprecherin weiter. Für Beiersdorf gelte die Unschuldsvermutung.

Folge der Fair-Preis-Initiative

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Ein Unternehmen gilt laut Weko-Definition als relativ marktmächtig, wenn andere Marktteilnehmer beim Bezug oder Verkauf einer Ware oder Dienstleistung in einem solchen Mass von ihm abhängig sind, dass keine zumutbaren und ausreichenden Alternativen zur Verfügung stehen.

Diese neuen Regelungen im Kartellgesetz zielen insbesondere darauf ab, die Hochpreisinsel Schweiz zu bekämpfen. Sie sind eine direkte Folge der Fair-Preis-Initiative.

Die Mittel der Weko: Wie Patrik Ducrey, Direktor des Sekretariats der Wettbewerbskommission, gegenüber SRF erklärt, könnte die Behörde, falls ein Missbrauch festgestellt würde, Beiersdorf verpflichten, die Migros zu günstigeren Konditionen zu beliefern. «Aber in diesem Fall, anders als bei Preisabsprachen oder bei einem Missbrauch von Marktbeherrschung, können wir keine Sanktionen aussprechen», so Ducrey.

Kritik an Weko: Häufig wird die Weko als «zahnlos» bezeichnet, da ihr eben wenig Sanktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Auf die Kritik anwortet Ducrey, die Weko habe im letzten Sommer zum Beispiel einen französischen Verleger verurteilt und ihn gezwungen, einen schweizerischen Buchhändler günstiger zu beliefern. «Wir können das Gesetz also auch im Ausland anwenden», sagt der Sekretariatsdirektor.

Mehr Biss: Es wurde auch schon moniert, die Weko greife oft zu spät oder zu zögerlich ein. Ducrey verweist auf die Bestimmung zur relativen Marktmacht, die das Parlament im Zuge der Fair-Preis-Initiative eingeführt hat. «Dort sind wir darauf angewiesen, dass wir Klagen bekommen. Es geht um Abhängigkeiten von einzelnen Unternehmen zu anderen.» Hierbei werde die Weko nicht von Amtes wegen tätig. Dies werde sie nur, wenn es um Preiskartelle, um Gebietsaufteilungen oder um Preisbindungen im Detailhandel gehe. Bei dem aktuellen Vorwurf der Migros bezüglich einer relativen Marktmacht sei dies nicht der Fall.

SRF 4 News, 24.6.2025, 8:30 Uhr ; 

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