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Neuordnung der Öllieferungen Seit 2020 heizt die Schweiz ohne russisches Öl

Russlands Ukrainekrieg bewirkt eine globale Reorganisation der Ölflüsse. Auf die Schweiz wirkt sich das kaum aus.

Das Heizöl, das Benzin und der Diesel bezieht die Schweiz weitgehend aus den Nachbarstaaten. Drei von vier Litern stammen von dort. Denn in diesen Staaten haben die grossen Ölkonzerne ihre Raffinerien. Der Rest wird in der Schweiz verarbeitet, in der Raffinerie im neuenburgischen Cressier.

Inzwischen haben die westlichen Ölfirmen weitgehend aufgehört, russisches Rohöl zu kaufen und weiterzuverarbeiten, auch als Folge der Sanktionen gegen Russland.

Konzerne ziehen sich aus Russland zurück

Diese Abkehr von russischem Öl erfolge in atemberaubendem Tempo, sagt die Energiespezialistin Cornelia Meyer: «Die Ölindustrie von Europa hat sich sehr stark von Russland gelöst. Total, Shell, BP hatten viele Investitionen in Russland. Die haben sich von da zurückgezogen oder ziehen sich zurück.»

Stellungnahme von Shell

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«Shell hat seine Spotkäufe von russischem Rohöl vollständig eingestellt und die längerfristigen Verträge für russisches Öl nicht verlängert. Unterdessen sind wir gesetzlich verpflichtet, Rohöl entgegenzunehmen, das im Rahmen von Verträgen gekauft wurde, die vor der Invasion unterzeichnet wurden. Alle unsere langfristigen Käufe von russischem Rohöl durch Dritte werden jedoch bis Ende 2022 eingestellt, mit Ausnahme eines Vertrags mit einem kleinen, unabhängigen russischen Produzenten. Wir suchen nach Möglichkeiten, all diese Laufzeitvolumina schneller zu reduzieren.»

Dazu kommt, dass die USA mit einem Ölembargo gegen Russland vorgeprescht sind. Die EU und später auch die Schweiz haben zwar ebenfalls ein Embargo erlassen. Aber gerade die Bestimmungen der USA wirken weit über die Landesgrenzen hinaus: «Der lange Arm der US-Justiz jagt jedermann Respekt ein.» Auch deshalb sei die Abkehr von russischem Erdöl von Dauer, so Cornelia Meyer, die auch verschiedene Organisationen aus dem Energiesektor berät.

Stellungnahme von BP

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«In Deutschland betreibt BP zwei Raffinerien, eine in Gelsenkirchen und eine in Lingen. Beide Raffinerien haben schon unmittelbar nach Beginn des Krieges in der Ukraine begonnen, ihre Rohölversorgung auf nicht-russische Rohöle umzustellen. (…) Unser Unternehmen hat in Deutschland unmittelbar nach Ausbruch des Konfliktes die Reduzierung sowohl von Importen an russischem Rohöl als auch an Mineralölprodukten, vorrangig Diesel, eingeleitet und verarbeitet in den deutschen BP-Raffinerien inzwischen kein russisches Rohöl mehr.»

Dass Europa sich innerhalb von wenigen Monaten von russischem Öl abwendet, hinterlasse tiefe Spuren. Die Versorgung sei aber nicht gefährdet: «Wir werden sehen, dass Öl per Schiff von Kuwait nach Europa kommt und dass die russischen Schiffe mit Öl nach Indien und China fahren. Das wird teuer.»

Stellungnahme von Varo

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Die Ölraffinierie in Cressier.
Legende: Die Ölraffinierie in Cressier Keystone

«Varo hat seit Beginn des Krieges in der Ukraine keine russischen Rohölkäufe getätigt. Wir kaufen auch keine Produkte von russischen Raffinerien. Russisches Öl hat in Cressier nie eine bedeutende Rolle gespielt, da dort andere Arten von Rohöl bevorzugt werden.»

Varo betreibt unter anderem die Raffinerie in Cressier.

Die Schweiz hat diese Umpolung schon vor dem Krieg in der Ukraine begonnen, wenn auch eher zufällig: Seit Ende 2020 kommt kein Erdöl mehr aus Russland. Die Raffinerie in Cressier bezieht das Öl vor allem aus den USA, Nigeria und Libyen, dies vor allem aufgrund der preislichen Situation und der Verfügbarkeit.

Auch wenn kaum mehr russisches Öl in Schweizer Tanks zu finden ist: Die Schweiz ist ein wichtiger Handelsplatz für dieses Öl. Doch das könnte sich bald ändern. Denn besagtes Öl gelangt nicht physisch in die Schweiz.

Der Bundesrat hat nun zwar im Grundsatz gesagt, dass er das Ölembargo der EU ebenfalls übernehmen wird. Er ist aktuell daran, die Verordnung auszuarbeiten.

Da geht es um Fragen, wie der Handel mit russischem Öl allenfalls finanziert oder versichert werden darf – oder auch nicht mehr. Diese Details haben dann grössere oder kleinere Auswirkungen auf die Handelsfirmen. Ursprünglich hiess es aus dem zuständigen Departement, dass diese Details voraussichtlich noch vor den Sommerferien bekannt gegeben werden sollen.

Heute Morgen, 06:00 Uhr, 29.06.2022

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