Warum sind die Preise in den USA höher als in Europa? In den USA gilt ein marktwirtschaftliches System, in dem Pharmaunternehmen und Zwischenhändler Preise setzen. In europäischen Systemen reguliert der Staat die Preise. In der Schweiz ist es das Bundesamt für Gesundheit (BAG). «Das heisst, wir haben in den USA als zentralen Unterschied einen Prozess, in dem keine zentrale Preisregulierung vorliegt», sagt Sebastian Kwisda, Pharma-Experte beim Beratungsunternehmen EY. Allerdings warnt Kwisda vor der Bewertung «besser» oder «schlechter». Jedes System habe Vor- und Nachteile.
Kompensieren Pharmafirmen in den USA Preise in Europa? Die USA sind für die meisten globalen Pharmafirmen zentral. «Viele Pharmafirmen, die global agieren, rechnen mit 50 bis 70 Prozent ihres kalkulierten Umsatzes aus den USA», sagt Experte Kwisda. Damit würden sie unter anderem Forschungs- und Entwicklungskosten stemmen. «Von 100 Medikamenten, die in Versuchsreihen an Patienten gehen, kommen zwischen 10 und 20 auf den Markt. Das heisst, man hat zwischen 80 und 90 Prozent Fehlerraten», sagt er. Auch die Pharmafirmen argumentieren mit hohen Kosten und Risiken. Kritiker hingegen verweisen auf die überdurchschnittlich hohen Gewinne, die den Firmen trotz Abzug aller Kosten bleiben.
Wie funktioniert das US-System? Pharmafirmen setzen Initialpreise, auch Listenpreise genannt. Der Preis kommt aufgrund interner Kalkulationen zustande, abgeleitet aus Marktpotenzial, also Anzahl Patientinnen und möglichen Mengen. Zudem spielen Konkurrenz sowie die Kostenstrukturen eine Rolle. «Die Pharmafirmen in den USA verhandeln diesen Preis nun mit unterschiedlichen Akteuren im Gesundheitswesen», so Kwisda. Es gibt Verhandlungen mit staatlichen und privaten Krankenversicherungen. Zudem handeln sogenannte Pharmacy Benefit Manager (PBM) Rabatte aus für Apotheken und Versicherungen. «Der Medikamentenmarkt ist inzwischen organisiert in Konglomeraten – bestehend aus Versicherern, Zwischenhändlern wie den PBM, und Vertrieb im Sinne von Apotheken und Gesundheitsanbietern wie Spitälern», erläutert Kwisda. Heisst: Die eigentlich gegensätzlichen Interessen sind eng miteinander verflochten und Intransparenz die Folge.
Wie funktioniert die Preissetzung in der Schweiz? Hier setzt das BAG die Medikamentenpreise fest. Es orientiert sich bei der Preisfindung an den Preisen anderer Therapien sowie den Preisen im Ausland. Allerdings handelt es sich bei diesen Auslandspreisen oftmals um sogenannte Schaufensterpreise. Das sind Preise, die nur auf dem Papier gelten, in der Praxis aber günstiger sind. Die Preise in der Schweiz sind zwar tiefer als in den USA, transparent ist das System aber nicht.
Preissenkungen in den USA – der erste Versuch? Nein, Donald Trump selbst brachte bereits in seiner ersten Amtszeit Medikamenten-Preissenkungen auf die Agenda, die er nun konkretisiert respektive verschärft. Mit einem Schreiben an 17 Pharmafirmen und Androhungen von Vergeltungen legt er nun nach. Trump-Vorgänger Joe Binden lancierte den sogenannten Inflation Reduction Act, der die Arzneimittelkosten im öffentlichen Bereich senken wollte. Medikamente mit hohem Einfluss auf das Staatsbudget sollten günstige werden. Gemäss Experten müsste man das System ganzheitlich reformieren, alleine bei den Herstellern anzusetzen greife zu kurz.