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Schlussrede am WEF Olaf Scholz: «Deglobalisierung ist ein Holzweg»

  • Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat angesichts der Verwerfungen im internationalen Handel vor einer zunehmenden Abschottung von Volkswirtschaften gewarnt.
  • Die Deglobalisierung sei ein Holzweg, sagte er zum Abschluss des Weltwirtschaftsforums in Davos.
  • Er rief in seiner Rede zu neuen Formen der internationalen Zusammenarbeit auf.

Die Weltwirtschaft steht nach Angaben von Bundeskanzler Olaf Scholz vor einem Epochenbruch. In den nächsten 30 Jahre der Globalisierung werde man wegkommen von der Fixierung auf die Bedürfnisse der Märkte in Nordamerikaner und Europa, sagte Scholz am Weltwirtschaftsforum in Davos. Die Länder auf der Südhalbkugel hätten sich zu leistungsfähigen Volkswirtschaften mit eigener Nachfrage entwickelt, «die denselben Wohlstand beanspruchen und um dieselben Güter konkurrieren wie wir.»

Damit gingen auch die Zeiten zu Ende, in denen es in Nordamerika und Europa lange verlässliches Wachstum, hohe Wertschöpfung und niedrige Inflation gegeben habe. Deshalb sei künftig mehr und nicht weniger internationale Zusammenarbeit nötig, sagte Scholz.

Keine bipolare, sondern eine multipolare Welt

Er erteilte Überlegungen für eine bipolare Welt mit den Supermächten USA und China als Führungsnationen eine klare Absage. Deshalb könne es auch keinen Anspruch auf chinesische Hegemonie in Asien geben, betonte Scholz, der Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang kritisierte. Die Welt werde vielmehr multipolar und multilateral mit vielen Kraftzentren. «Eine multipolare Welt ist keine regellose Welt», sagte der Kanzler zugleich etwa mit Blick auf Russlands Angriff auf die Ukraine. Deshalb müssten gerade die Demokratien weltweit enger zusammenarbeiten.

Scholz: «Putin hat alle strategischen Ziele verfehlt»

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Olaf Scholz hat sich erneut überzeugt davon gezeigt, dass der russische Präsident Wladimir Putin den Krieg in der Ukraine nicht gewinnen wird. «Schon jetzt hat er alle seine strategischen Ziele verfehlt», sagte Scholz. «Eine Einnahme der gesamten Ukraine durch Russland scheint heute weiter entfernt als noch zu Beginn des Krieges.»

Wichtig sei, dass sich die reichen westlichen Industrieländer solidarisch gegenüber den globalen Folgen «in Form drohender Hunger-, Rohstoff- und Inflationskrisen» zeigten. Hintergrund ist die derzeitige Explosion der Energie- und Nahrungsmittelpreise auch infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine, unter denen Entwicklungsländer besonders leiden.

«Deglobalisierung ist ein Holzweg»

Scholz warnte zugleich vor einer schleichenden Deglobalisierung in der Welt. Es sei zwar richtig, dass Lieferketten in strategischen Bereichen diversifiziert werden müssten. «Zugleich müssen wir acht geben, dass aus notwendiger Diversifizierung kein Vorwand wird für Abschottung, Zollschranken und Protektionismus», fügte er hinzu. «Um es klar zu sagen: Die Deglobalisierung ist ein Holzweg.»

Scholz kritisierte zudem die Abschottung einzelner nationaler Agrarmärkte infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine. «Als G7 bekennen wir uns zu offenen Agrarmärkten», sagte er zu den Beschlüssen der wichtigsten westlichen Industrienationen. «Exportrestriktionen sind jedenfalls keine Lösung. Sie untergraben die globale Ernährungssicherheit, sie gefährden Menschenleben.» Hintergrund sind etwa Exportverbote, die Indien eingeführt hat.

Tagesschau, 26.05.2022, 12.45 Uhr ; 

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