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Ehrung des Heimatschutzes Toggenburger Kleinstadt Lichtensteig erhält den Wakkerpreis 2023

Mit innovativen Projekten befreite sich das St. Galler Städtchen Lichtensteig aus eigener Kraft vom Bevölkerungsschwund. Dafür wird es vom Schweizer Heimatschutz jetzt mit dem Wakkerpreis geehrt.

Türmchen, Erker und Riegelbau – so thront die Altstadt von Lichtensteig über dem Tal. Unterhalb vom Städtli, am Ufer der Thur, erinnern alte Fabrikgebäude an die Blütezeit der Textilindustrie.

Mit den Textilfabriken verschwanden in den 1980er-Jahren auch viele Menschen aus dem Städtchen. Banken, Läden und weitere Unternehmen schlossen ihre Türen. Die Fabrikhallen und viele Gebäude in der malerischen Altstadt standen leer.

Mit Optimismus gegen Leerstände

Vor ein paar Jahren hat Lichtensteig sich aufgemacht, gegen diese Leerstände und den Bevölkerungsschwund anzukämpfen. Dafür hat die Gemeinde mit knapp 2000 Einwohnerinnen und Einwohnern nun den Wakkerpreis des Schweizer Heimatschutzes erhalten.

Luftaufnahme einer historischen Kleinstadt.
Legende: Die übersichtliche Altstadt mit ihren Arkaden und Steinhäusern bildet das Zentrum von Lichtensteig. Christian Beutler/Keystone/Schweizer Heimatschutz

Es entstanden ein Familienverein, neue Wohnungen, ein Kulturlokal und ein 24-Stunden-Laden. Eines der neusten Projekte ist eine Genossenschaft, die eine alte Textilfabrik zum Wohn-, Gewerbe- und Kulturgebäude umnutzen will.

Die bisherigen Wakkerpreise

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Seit 1972 vergibt der Schweizer Heimatschutz (SHS) einmal im Jahr den Wakkerpreis für beispielhaften Ortsbildschutz und Siedlungsentwicklung. Das Preisgeld ist mit 20'000 Franken dotiert.

In den vergangenen 10 Jahren ging der Preis an folgende Gemeinden:

«Wir sind ein urbaner Ort im ländlichen Gebiet», sagt Stadtpräsident Mathias Müller. Das mache Lichtensteig attraktiv für innovative Ideen. «Die Investoren stehen aber nicht Schlange.» Die Gemeinde selbst hat nur wenig Geld, um solche Projekte zu unterstützen – dafür aber viel Wissen, Netzwerke und die nötigen Räume für Ideen. Es brauche viel Engagement aller Akteure.

Weltoffener Geist

Ein Beispiel für eine neue Idee ist der Coworking-Space «Macherzentrum» in der alten Schalterhalle der Postfiliale. Der englische Begriff sei am Anfang vielen zu sperrig gewesen, sagt Mitgründer Tobias Kobelt. «Sobald wir aber jemandem unsere Räume zeigen, stossen wir auf Interesse.»

Altes umgenutztes Postgebäude.
Legende: Die Post hat das alte Postgebäude 2016 verlassen, heute dient das über 100-jährige Haus als «Macherzentrum» mit Coworking-Plätzen. Christian Beutler/Keystone/Schweizer Heimatschutz

Der Spirit in Lichtensteig mache den Standort einmalig: «Ich empfinde ihn als sehr weltoffen, fast schon liberal. Ein Geist, der anpackt, der einen motiviert, Neues auszuprobieren und der auch ein Scheitern zulässt.»

Die selbstbewusste «Mini.Stadt»

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Strategie «Mini.Stadt»: Der Titel der Lichtensteiger Zukunftsstrategie ist bewusst mehrdeutig gewählt. Man will auf Leute bauen, die ihren Teil zu ihrer Gemeinde beitragen wollen. Dass Lichtensteig eher klein – sogar mini – ist, sieht man als Chance für kurze Wege und starke Identifikation.

Nach der Zukunftskonferenz 2013 sind 30 Projekte aller Art ins Leben gerufen worden. Viele kamen später dazu.

Diese Mentalität beschreiben auch die Initianten des «Rathauses für Kultur». Als die Gemeindeverwaltung in ein leeres benachbartes Bankgebäude mit besserer Infrastruktur umzog, überliess man das leere Rathaus dem jungen Gründerteam.

Haus in der Altstadt von Lichtensteig in St.Gallen.
Legende: Das Rathaus aus dem 17. Jahrhundert diente der Kleinstadt als Sitz der Verwaltung – heute ist es ein Kulturhaus mit günstigen Räumen für die Kreativwirtschaft. Christian Beutler/Keystone/Schweizer Heimatschutz

Das Kulturhaus bietet eine Künstlerresidenz, Ateliers, ein Eventlokal und eine Beiz. «Als junger Mensch hatte mir ein solcher Treffpunkt gefehlt», sagt Sirkka Ammann, die im Nachbardorf aufgewachsen ist und nun in der Geschäftsleitung des Rathauses für Kultur arbeitet.

Messbarer Erfolg

Die Zahlen geben der Zukunftsstrategie von Lichtensteig recht. Die Bevölkerung wächst leicht und wird im Schnitt jünger. Viele leere Gebäude konnten wiederbelebt werden. Er sei stolz auf den Wakkerpreis für seine Gemeinde, sagt Stadtpräsident Mathias Müller.

Alter Industriebau an einem Fluss.
Legende: Das Areal einer ehemaligen Fabrik am Ufer der Thur wird künftig zum innovativen Wohn-, Arbeits- und Kulturareal umgenutzt. Christian Beutler/Keystone/Schweizer Heimatschutz

Die Herausforderungen bleiben dennoch hoch: Die Klubschule Migros hat kürzlich ihren Standort geschlossen und der grösste Laden der Innenstadt, ein Möbelgeschäft, zieht aus.

Der Stadtpräsident schaut trotzdem optimistisch in die Zukunft: «Wir wissen jetzt, wie wir mit dem Wandel umgehen.»

SRF 4 News, 10.01.2023, 10:30 Uhr

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