Kurt Aeschbacher war zu Gast im «Literaturclub». Hier verrät er, welche Autorinnen ihn wütend machen. Und wie anstrengend Nietzsche sein kann.
SRF: Gibt es so etwas wie «Ihr liebstes Buch»?
Kurt Aeschbacher: Meistens das, das ich gerade lese. Ausser es langweilt mich auf den ersten 50 Seiten. Dann fällt es in Ungnade und wird entsorgt. Ich habe neben meinem Nachttisch eine riesige Beige ungelesener Bücher, die darauf warten, zum temporär liebsten Buch zu werden.
Ihr bevorzugter Leseort?
Mein liebster Leseort ist in meinem Garten in Südfrankreich. Da gibt es diese schon fast laute Stille, die zum Lesen einlädt: da ein Liegestuhl, dort eine Bank am Teich mit den Seerosen, hier die Terrasse mit den weichen Kissen auf der Couch. Verführerische Leseorte.
Lesen Sie mehrere Bücher gleichzeitig? Oder eins nach dem anderen?
Meistens beisse ich mich an einem Buch fest und lasse mich vom Autor in seine Welt entführen. Oft bin ich traurig, wenn ich es dann aus der Hand geben muss, weil ich die letzte Seite umgeblättert habe.
Manchmal bin ich wütend, wenn mich der Autor oder die Autorin ohne Lösung am Schluss allein lässt.
Ein Buch, das Ihnen die Liebe zum Lesen eröffnet hat?
In meiner Pubertät war es Gottfried Kellers «Grüner Heinrich», in den Sturm-und-Drang-Jahren Goethes «Werther» und dann lange Hesse mit seinen Werken.
Mit den Tagebüchern von Max Frisch und «Andorra» fasste ich sogar den Mut, dem Autor in einem Brief meine Gedanken zu offenbaren. Die waren aber offensichtlich so verworren, dass ich von ihm nie eine Antwort bekam.
Ein Buch, das Sie immer wieder zur Hand nehmen?
Ich habe mir vorgenommen, Werke, die ich vor Jahrzehnten verschlungen habe, wieder in die Hand zu nehmen. Dabei habe ich gelernt, dass man in jeder Lebensphase ein Buch völlig anders erlebt.
Besonders spannend sind dann für mich all die hingekritzelten Gedanken von früher. So hilft mir der Lesestoff von früher, mich heute besser kennenzulernen.
Ein Buch, bei dem Sie laut lachen mussten?
Laut lachen wohl weniger als leise schmunzeln. Sicher bei Loriots Werken, aber auch bei Elke Heidenreich oder bei den Büchern von Peter Ustinov, den ich mit seinem ganzen Schalk persönlich kennenlernen durfte.
Ein Buch, das Sie einfach niemals beenden?
Um endlich Nietzsche zu begreifen und seinen gelobten Stellenwert in der Philosophie zu erahnen, habe ich mir eine Reihe seiner Bücher gekauft.
Verstanden habe ich sie leider nicht und kam auch bei keinem über die ersten 50 Seiten hinaus. Aber ich habe es noch nicht aufgegeben. Sie warten neben meinem Nachttisch immer noch auf ihre Entdeckung.
Ich liebe es, Kinder mit musikalischen Geschichten zu begeistern.
Ein Buch, das Sie gerne verschenken?
«Denunziation», geschrieben von einem unbekannten Autor über die grauenhaften Verhältnisse der systematischen Unterdrückung der Menschen in Nordkorea.
Ein Buch, das Sie Kindern gerne vorlesen?
Ich bin kein Vorleser. Aber ich liebe es, Kinder mit musikalischen Geschichten zu begeistern. So habe ich meine eigenen Versionen von «Karneval der Tiere» oder «Peter und der Wolf» geschrieben, die ich immer wieder mit grösstem Vergnügen gemeinsam mit Musikern Kindern vortrage – und es erstaunt mich immer, mit welchem Vergnügen Erwachsene zuhören.
Ein Buch, dem Sie mehr Leser wünschen?
Als passionierter Kunstsammler wünsche ich mir, dass die Museumsbesucher die Kataloge von spannenden Künstlerinnen nicht nur als Dekoration ihres Salontischchens benützen, sondern sich auch die Zeit nehmen, in die Welt und das Leben von Künstlern einzutauchen.
Das Gespräch führte Markus Tischer.