Ist vegane Ernährung überhaupt gesund?
Vegane Ernährung steht im Verruf, nicht ausreichend Vitamin B12, Kalzium oder Eisen liefern zu können. Doch wenn auf diese kritischen Nährstoffe – etwa mittels der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln – geachtet werde, sei sie im Hinblick auf chronische Krankheiten wohl gar gesunder als eine Ernährung mit durchschnittlichem Fleischverzehr, erklärt Leonie-Helen Bogl, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich Ernährung und Diätetik an der Berner Fachhochschule.
Nach wie vor gebe es aber nur wenige Studien, die diesen Aspekt langfristig und gut untersuchten. Auch könne man keine allgemeingültige Aussage für alle Altersgruppen treffen.
Was ist mit den Kindern?
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt eine vegane Ernährung für Kinder momentan nicht. Bogl weist auf eine Studie aus Deutschland hin, die zwar aufzeige, dass eine gut geplante, supplementierte vegane Ernährung im Kindesalter den Nährstoffbedarf decken könne.
Doch sie gibt zu bedenken, dass bei der Studie keine Blutwerte geprüft wurden. Auch müsste man das Kindeswachstum über einen längeren Zeitraum beobachten, die Studienlage hierzu sei aber äusserst dünn.
Sonnenblumen, Hanf und Soja
Würde die gesamte Schweizer Bevölkerung vegan leben, hätte dies auch Auswirkungen auf die Bauern. Die Landwirtschaft würde andere Dinge produzieren, etwa Sonnenblumen, Hanf, Flachs, Brennnesseln oder Soja, prognostiziert Zukunftsforscher Joël Luc Cachelin. Angst um die Nahrungsmittelsicherheit müsse man sich hierzulande aber nicht machen, zumal viel weniger produziert werden müsste. Und: «Nicht vergessen sollte man mögliche neue Anbauformen wie Urban Farming, Hydrokulturen oder die Produktion von Algen zum Beispiel in ehemaligen Bunkern.»
Wäre die Welt friedlicher, wenn wir aufhören würden, Tiere zu töten?
Cachelin wagt ein Gedankenexperiment: «Wenn Ausserirdische oder auch KI der Menschheit zuschaut, würde sie durch unseren Umgang mit Nutztieren wohl nicht zum Urteil kommen, dass wir ein sehr friedliches Tier sind.» Der Zukunftsforscher verweist auf Studien, die besagen, dass Menschen, die in der Fleischindustrie arbeiten, ähnliche psychische Symptome hätten, wie Soldaten, die aus einem Krieg zurückkehren.
Brunch mit Rüeblilachs und Randenhobelfleisch
Wieso es für uns Menschen so schwierig ist, von tierischen Produkten loszukommen, hat für Cachelin verschiedene Gründe: «Häufig sind kulturelle Gewohnheiten, Falschinformationen und diffuse Verlustängste im Spiel.» Um Freunden oder Verwandten die vegane Ernährung näherzubringen, rät er: «Man kann die gesundheitlichen und ökologischen Vorteile aufzeigen, auf Promis hinweisen, die vegan leben oder Kühe, Schweine und Hühner besuchen und sie als Lebewesen kennenlernen. Man kann aber auch mit Freunden kochen und sie zum veganen Essen einladen –etwa zu einem Brunch mit Rüeblilachs und Randenhobelfleisch.»