2017 schätzte das Beratungsunternehmen PwC, dass die KI das globale BIP bis 2030 um 14 Prozent erhöhen wird. Accenture sagte voraus, dass die KI die Arbeiter 40 Prozent produktiver machen und die Wachstumsraten in den grössten westlichen Volkswirtschaften verdoppeln könnte.
Inzwischen hat die generative KI dank Large Language Models (LLM) wie ChatGPT oder Gemini immense Fortschritte gemacht. Doch ob die hohen Erwartungen eintreffen, ist umstritten. Goldman Sachs prognostiziert eine Zunahme des Produktivitätswachstums um jährlich 1.5 Prozent, das KI-Unternehmen Anthropic erwartet mindestens plus 1.8 Prozent in den USA. Nobelpreisträger Daron Acemoğlu hingegen errechnet ein Produktivitätsplus von maximal 0.7 Prozent in den nächsten 10 Jahren, ein Arbeitspapier der OECD 0.25 bis 0.6 Prozent und Daten aus Dänemark zeigen, dass die KI bisher gar keinen Einfluss hatte.
Was stimmt denn nun – macht die KI uns alle arbeitslos oder steigert sie die Produktivität kaum? Es gibt eine Reihe von Faktoren, die Ökonomen ihre Prognosen erschweren.
Unberechenbarer Fortschritt
Zuerst einmal ist es praktisch unmöglich, vorherzusagen, wie sich die generative KI weiterentwickelt. Während einige behaupten, LLM könnten schon nächstes Jahr eine menschenähnliche Intelligenz erreichen, denken andere, LLMs stiessen bereits an ihre Grenzen oder seien gar eine Sackgasse. Hinzu kommt die Politik: Regulierungen können den Fortschritt von KI bremsen oder beschleunigen.
Zu wenige Daten
Zudem fehlt es an Daten – ChatGPT gibt es erst seit drei Jahren. Ekkehard Ernst, Makroökonom bei der Internationalen Arbeitsorganisation der UNO, hat zu dem Thema geforscht: «Wir haben im Moment einfach noch nicht genug Informationen zur Auswirkung der Technologie.»
Einzelperson statt Weltwirtschaft
Gerade bei kognitiver Arbeit sei zudem das Messen der Produktivität notorisch schwierig. Daher analysierten die meisten Forschenden einzelne Aufgabenfelder. Da könne man zwar Produktivitätsgewinne messen, so Ernst: «Für bestimmte Aufgabenstellungen sieht man tatsächlich Produktivitätssteigerungen von 20, 30 Prozent.» Das könne man dann aber nicht einfach auf die Gesamtwirtschaft hochrechnen.
Studien zeigen verschiedene Effekte, die das Aggregieren von individuellen Produktivitätsgewinnen erschweren:
So führe die KI zu Silos, weil wir lieber den KI-Assistenten fragen als die Kollegin (Atlassian/Heise), sie reduziere die kollektive Kreativität, weil alle ähnliche KI-generierte Vorschläge bringen (Doshi&Hauser) und brauche viel Initialaufwand (Economist / Forbes). Zudem könne die KI zwar die Produktivität der schwächeren Arbeiterinnen stärken, dämpfe aber jene der stärkeren (Chen). Ganz zu schweigen von Risiken wie «Workslop» und Löchern in der Cybersicherheit.
Fazit
Es ist praktisch unmöglich vorherzusagen, wie die KI unsere Produktivität, den Arbeitsmarkt und unser Leben verändern wird.
Entsprechend schwierig ist es für die Politik, die richtigen Entscheidungen zu treffen, um die Entwicklung in die richtigen Bahnen zu lenken und abzufedern. Dabei wäre gerade bei einer solch tiefgreifenden Veränderung eine ebenso schnelle und entschiedene Antwort wichtig – das heisst, falls es überhaupt eine Veränderung gibt.