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Israels Militär ruft zur Evakuierung in Gaza auf
Aus Rendez-vous vom 13.10.2023. Bild: Keystone/HAITHAM IMAD
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24 Stunden im Gazastreifen Warum eine Evakuation in so kurzer Zeit eigentlich unmöglich ist

Israels Militär hat die Palästinenser im nördlichen Gazastreifen zur Evakuierung innert 24 Stunden aufgefordert. Beobachter gehen davon aus, dass eine Bodenoffensive Israels im Gazastreifen bevorstehen könnte. Die Hamas spricht von Propaganda und fordert die Palästinenser auf, zu bleiben. Laut UNO wären von einer solchen Evakuierung mehr als eine Million Menschen betroffen. Die Leiterin der Auslandsredaktion von Radio SRF mit den wichtigsten Antworten zur Evakuation.

Susanne Brunner

Susanne Brunner

Leiterin Auslandredaktion

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Susanne Brunner war für SRF zwischen 2018 und 2022 als Korrespondentin im Nahen Osten tätig. Sie wuchs in Kanada, Schottland, Deutschland und in der Schweiz auf. In Ottawa studierte sie Journalismus. Bei Radio SRF war sie zuerst Redaktorin und Moderatorin bei SRF 3. Dann ging sie als Korrespondentin nach San Francisco und war nach ihrer Rückkehr Korrespondentin in der Westschweiz. Sie moderierte auch das «Tagesgespräch» von Radio SRF 1. Seit September 2022 ist sie Leiterin der Auslandsredaktion von Radio SRF.

Ist eine so grosse Evakuierung überhaupt möglich?

Innert 24 Stunden sollen über eine Million Menschen aus dem Norden des Gazastreifens in den Süden evakuiert werden. Eine solche Flucht in so kurzer Zeit wäre bereits unter normalen Umständen fast unvorstellbar – auch hier in der Schweiz. In Gaza kommt dazu: Viele Strassen sind bombardiert, andere von früheren Bombardierungen noch gar nicht geflickt oder nur behelfsmässig mit Sand. Raketen kann die Hamas zu Tausenden bauen, die Infrastruktur sichern und die eigene Bevölkerung versorgen will sie nicht.

Welche weiteren Schwierigkeiten gibt es bei der Evakuierung?

Da sind Leute, die teilweise seit Tagen keinen Strom haben, weil mangels Treibstoff das letzte Kraftwerk abgeschaltet wurde. Sie haben kaum Wasser, Notvorräte konnten die Menschen von Gaza nicht kaufen, weil sie eh schon arm sind. Der grosse Teil hat keine Arbeit oder darf wegen der grauenvollen Massaker, welche die Hamas in Israel angerichtet hat, nicht nach Israel zur Arbeit fahren. Es gibt viele Verwundete in den Spitälern – sollen diese zurückgelassen werden? Es gibt ältere Menschen, die sich nicht fortbewegen können – und wer ein Auto hat, hat vielleicht kein Benzin. Viele benutzen daher Esel mit Karren, um sich fortzubewegen.

Warum fordert die Hamas die Bevölkerung zum Bleiben auf?

Das ist nur zynisch: Wenn die Zivilbevölkerung bleibt, dient sie als menschlicher Schutzschild – und wenn Israel Gaza-Stadt trotzdem bombardiert, dann wird es Tausende, Zehntausende von Toten geben – welche die Hamas dann benutzen wird, um zu zeigen, wie brutal Israel vorgeht. Es ist jetzt eine komplett ausweglose Situation für die Bevölkerung von Gaza – und auch ein Dilemma für Israel.

Wie geht Israel mit diesem Dilemma um?

Dieses Dilemma ist für Israel unlösbar. Einerseits muss Israel dafür sorgen, dass die Hamas oder irgendeine andere Terrorgruppierung nie mehr 1200 Israelis massakrieren kann. Andererseits heisst das, möglicherweise Zehntausende von Toten und Verwundeten in Gaza in Kauf nehmen – Menschen, die nicht flüchten können, und die auch nicht Terroristen sind. In Israel selbst kommt die Regierung zunehmend in die Kritik: Protestierende machen diese nämlich verantwortlich dafür, dass die israelische Bevölkerung schutzlos den Massakern der Hamas ausgeliefert war.

Wie äussert sich diese Kritik an der Regierung Israels?

Gestern wurde Wirtschaftsminister Nir Barkat – der Nachfolger von Premier Netanjahu werden will – bei einem Spitalbesuch von einem Mann angeschrien, er und die Regierung hätten das Land zerstört. Und der Bildungsminister Yoav Kisch sagte als erstes Mitglied der Regierung, diese trage Verantwortung für das kolossale Versagen der Geheimdienste und der Armee, welche die Hamas komplett unterschätzt hätten. Die Regierung Netanjahus hat sich monatelang mit Machtausbau beschäftigt statt mit dem Schutz ihrer Bevölkerung – und dafür wird sie sicher einmal zur Rechenschaft gezogen.

Krieg im Nahen Osten

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Die Konflikte in Israel, im Westjordanland und im Gazastreifen halten an. Hier finden Sie alle unsere Inhalte zum Krieg im Nahen Osten.

Rendez-vous, 13.10.2023, 12:30 Uhr;

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