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«Big Beautiful Bill» Auch das Repräsentantenhaus stimmt Trumps Steuerpaket zu

  • Die Republikaner im US-Kongress haben Präsident Donald Trump einen innenpolitischen Sieg beschert.
  • Das Repräsentantenhaus verabschiedete ein von ihm vorangetriebenes Steuer- und Ausgabengesetz, mit dem Trump zentrale Versprechen aus seinem Wahlkampf finanzieren will.
  • Der Entscheid fiel knapp aus: 218 Abgeordnete stimmten für das Gesetz und 214 dagegen.

Trump kündigte an, das Gesetz am Freitag um 17 Uhr Ortszeit (23 Uhr MESZ) in Washington per Unterschrift in Kraft zu setzen.

Die Abstimmung am Nachmittag (Ortszeit) war unter anderem wegen des Widerstandes mehrerer republikanischer Abgeordneter ins Stocken geraten. Erst nach Stunden konnten die Republikaner in der Nacht eine verfahrenstechnische Hürde nehmen und mit der Debatte über den Gesetzentwurf beginnen.

Der führende demokratische Abgeordnete Hakeem Jeffries verzögerte die Abstimmung zudem mit einer mehr als achtstündigen Rede im Plenarsaal des Repräsentantenhauses – laut übereinstimmenden US-Medien ein neuer Rekord.

Person hält Rede im Parlament, applaudierende Zuhörer.
Legende: Jeffries machte keinen Hehl aus seinen Absichten: Er werde sich alle Zeit nehmen, «im Interesse des amerikanischen Volkes». U.S. House TV/Handout via Reuters

Aufhalten konnte er das Gesetz damit aber nicht: Das Paket, das unter dem Namen «One Big Beautiful Bill» bekannt ist («Ein grosses, schönes Gesetz»), bekam nun auch im Repräsentantenhaus eine Mehrheit. 218 von Trumps Parteikollegen stimmten für das Gesetz, 2 Republikaner dagegen. Die Demokraten in der Opposition lehnten mit 212 Stimmen das Gesetz geschlossen ab.

Verlieren Millionen Amerikaner ihre Krankenversicherung?

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Der demokratische Minderheitsführer im Senat, Chuck Schumer, kritisierte zuletzt etwa, dass aufgrund des Gesetzes Millionen Amerikaner ihre Krankenversicherung verlieren würden. Das Congressional Budget Office (Haushaltsamt des US-Kongresses) kommt in einer Schätzung ebenfalls zu diesem Schluss. Auch aus den Reihen der Republikaner gab es Kritik an vorgesehenen Kürzungen am US-Gesundheitssystem Medicaid, das Geringverdiener und Menschen mit Behinderung unterstützt.

Bis ganz kurz vor dem verkündeten Ergebnis war unklar, wie sich einige wenige verbliebene Republikaner, die noch nicht ihre Stimme abgegeben hatten, entscheiden würden. Der Sieg Trumps hing an einem seidenen Faden.

Das Gesetz kann damit Trump zur Unterzeichnung vorgelegt werden – gerade rechtzeitig zu seiner selbsterklärten Frist. Der Präsident hatte wochenlang immer wieder Druck auf die Republikaner ausgeübt, damit das Gesetz bis zum amerikanischen Unabhängigkeitstag am 4. Juli auf seinem Schreibtisch landet.

Steuersenkungen und gekürzte Sozialleistungen

Der Gesetzesentwurf würde verschiedene Steuererleichterungen für Privatpersonen und Unternehmen aus Trumps erster Amtszeit verlängern und dauerhaft machen. Zudem würden vorübergehend neue Erleichterungen eingeführt, die er im Wahlkampf 2024 versprochen hatte.

Knapper Entscheid bei Vorabstimmung

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Kapitolgebäude bei Sonnenuntergang, Washington D.C.
Legende: REUTERS/Elizabeth Frantz

In der Nacht auf Donnerstag (Schweizer Zeit) hatte das Gesetz eine weitere Hürde genommen. Das von den Republikanern kontrollierte Repräsentantenhaus stimmte nach stundenlangem Ringen einem Verfahrensschritt zu, der Voraussetzung für die endgültige Verabschiedung des Entwurfs ist.

Diese Art von Vorabstimmung ist im legislativen Prozess üblich, um Unklarheiten in Gesetzesentwürfen zu beseitigen und eine abschliessende Abstimmung zu ermöglichen – bei einem 870 Seiten starken Gesetz wie dem «Big Beautiful Bill» ein nicht zu vernachlässigender Schritt.

Die Zustimmung lief allerdings holpriger als erwartet, weil sich mehrere Republikaner dem Schritt zunächst verweigerten. Nach einer nächtlichen Marathon-Sitzung stimmten aber am Ende 219 Abgeordnete dafür und lediglich 213 dagegen.

Dazu gehört die Möglichkeit, Trinkgelder und Überstunden abzusetzen, sowie ein Abzug von 6000 Dollar (4800 Schweizer Franken) für die meisten älteren Menschen mit einem Jahreseinkommen von weniger als 75'000 Dollar. Insgesamt sieht das Gesetz Steuererleichterungen in Höhe von rund 4.5 Billionen Dollar über einen Zeitraum von zehn Jahren vor.

Das Gesetz sieht ausserdem rund 350 Milliarden Dollar für Verteidigung und Trumps hartes Vorgehen gegen die Einwanderung vor. Die Republikaner finanzieren diese Kosten teilweise durch Kürzungen beim Gesundheitssystem Medicaid und der Nahrungsmittelhilfe. Das «Congressional Budget Office» prognostiziert, dass das Gesetz die Staatsverschuldung im kommenden Jahrzehnt um etwa 3.3 Billionen Dollar erhöhen wird.

Das Paket sieht eine neue Arbeitsverpflichtung von 80 Stunden pro Monat für viele Erwachsene vor, die die Leistungen der staatlichen Krankenversicherung Medicaid beziehen.

Streit zwischen Musk und Trump

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Besondere Aufmerksamkeit bekam das Gesetz nicht nur wegen Trumps intensivem Ringen darum, sondern auch wegen der vehementen Kritik von Tech-Milliardär Elon Musk. Auf der Plattform X schrieb er zuletzt unter anderem: «Wenn dieses irrsinnige Ausgabengesetz verabschiedet wird, wird am nächsten Tag die «America Party» gegründet.» Es sei Zeit für eine neue politische Partei. Abgeordneten, die dem Gesetz zustimmen, drohte er offen damit, bei Vorwahlen im kommenden Jahr auf ihre Niederlage hinzuwirken.

Der Streit zwischen Musk und Trump, der in einer offenen Schlammschlacht mündete, hatte sich an dem Gesetz entzündet. Musk kritisierte die damit einhergehende Schuldenerhöhung und forderte deutlich stärkere Ausgabenkürzungen.

Haushaltspolitisch konservative Republikaner kritisierten unterdessen, dass das Gesetz bei den Ausgabenkürzungen nicht weit genug gehe. Sie befürchten einen weiteren Anstieg des Haushaltsdefizits. Das Congressional Budget Office schätzt, dass das Gesetz das Defizit innerhalb der nächsten zehn Jahre um rund 3.3 Billionen US-Dollar (etwa 2.8 Billionen Euro) erhöht. 

Das steht im «Big Beautiful Bill»

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Die «One Big Beautiful Bill» vereint umfassende Massnahmen zur Neuordnung des US-Bundeshaushalts:

  • Steuererleichterungen für Konzerne und Besserverdienende werden dauerhaft. Laut dem Tax Policy Center wird die Entfristung der 2017 beschlossenen Steuersenkungen vor allem hohe Einkommen und Unternehmen entlasten. Während ein Haushalt mit durchschnittlichem Einkommen rund 350 Dollar jährlich spart, profitieren die reichsten 1 % mit Einsparungen von mehreren zehntausend Dollar.
  • Trinkgelder und Überstunden bis zu bestimmten Freibeträgen werden steuerfrei gestellt. Diese Massnahme soll laut Weissem Haus Arbeitsanreize für Niedrigverdiener erhöhen. Kritiker sehen darin hingegen einen symbolischen Effekt mit begrenzter Reichweite.
  • Sozialprogramme werden erheblich gekürzt. Laut dem Congressional Budget Office sollen Medicaid, Lebensmittelhilfen (SNAP) und Studienkreditprogramme über zehn Jahre um insgesamt über 1.7 Billionen Dollar gekürzt werden. Darüber hinaus werden neue Arbeitsauflagen eingeführt, etwa 20 Wochenstunden Nachweispflicht für SNAP-Empfänger.
  • 200 Milliarden US-Dollar werden zusätzlich in Sicherheitsmassnahmen investiert. Dazu gehören 50 Milliarden für Grenzanlagen und Abschiebungszentren sowie 150 Milliarden für das Militär, darunter Cyberabwehr, Hyperschallwaffen und KI-gesteuerte Systeme.
  • Die Schuldenobergrenze wird um fünf Billionen Dollar angehoben. Obwohl dies fiskalischen Spielraum schafft, warnen Ökonomen wie Maya MacGuineas vom Committee for a Responsible Federal Budget vor einer «gefährlichen Explosion der Staatsschuld» – der Zinsdienst allein werde künftig mehr kosten als der gesamte Verteidigungshaushalt.
  • Mit dem neuen Steuergesetz § 899 IRC werden bestimmte Auslandsinvestoren benachteiligt. Unter anderem sollen Investoren aus der Schweiz, Österreich und Deutschland mit einer höheren Quellensteuer belegt werden, sofern deren Länder laut US-Finanzministerium «unfaire Steuerpraktiken» betreiben.

Tagesschau am Mittag, 03.07.2025, 12:45 Uhr ; 

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