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Deutschlands Haushalt 2026 Die Republik lebt zu einem grossen Teil auf Pump

Die neue Regierung unter Kanzler Merz hat ihren ersten Haushalt verabschiedet, der auf einer massiven Neuverschuldung basiert. Im nächsten Jahr kann die Koalition aus CDU/CSU und SPD 525 Milliarden Euro ausgeben.

Wie explosiv so ein Haushalt ist, weiss man in Berlin nur zu gut – schliesslich zerbrach die letzte Regierung daran. Doch die Merz’sche Koalition hat vorgesorgt und die Falltür, durch welche die Ampel fiel, gleich als erste Handlung beseitigt: Die Schuldenbremse wurde gelöst, die Kreditschleuse und damit der Handlungsspielraum sehr weit geöffnet. So fliesst künftig deutlich mehr Geld in den Verkehr, vor allem aber auch in die Verteidigung.

Schulden für Investitionsoffensive

«Whatever it takes» lautet die Devise von Kanzler Merz, und es kostet in der Tat viel. Dieser Haushalt basiert auf Pump – allein im Kernhaushalt sind es fast 100 Milliarden Euro. Rechnet man Bundeswehr- und Infrastruktur-Sondervermögen dazu, kommt man auf sagenhafte 180 Milliarden Euro Neuverschuldung.

Sondervermögen tönt gut, man könnte auch sagen Nebenhaushalt – besonders unschön aber klingt Schuldentopf. Es ist alles dasselbe. Sogar eigene Leute nehmen das Kanzler Merz nachhaltig übel. Wobei Finanzminister Lars Klingbeil lieber von «Investitionen» als von «Schulden» spricht. Diese Investitionsoffensive werde das Land vorwärtsbringen und die Wirtschaft ankurbeln. Unbestritten: Das wäre zwingend nötig.

Tatsächlich kann einem ob der Schulden schwindlig werden: Im nächsten Jahr kosten die Zinsen gleichviel wie Bildung und Gesundheit zusammen. Das ist eine Belastung für künftige Generationen. Demgegenüber steht aber die Hinterlassenschaft der letzten Regierungen: marode Brücken, unbefahrbare Schienen, fehlende digitale Vernetzung. Hier zu investieren, damit das Land spürbar besser funktioniert, ist wichtiger, als eine schwarze Null zu feiern. 

Tricks, Kniffs und Wahlgeschenke

Wirtschaftsinstitute und Opposition kritisieren, dass viele Milliarden statt in Zusatzinvestitionen einfach in geplante Dinge fliessen. Wegen solcher Tricks und Kniffs wachse die Staatsverschuldung bei gleichzeitig sinkender Wirtschaftskraft. Nicht zukunftsorientierte Projekte würden gefördert, sondern oft der Status Quo zementiert.

Auch dieses Mal fliesst mit fast 40 Prozent am meisten Geld in Arbeit und Soziales; davon wiederum der allergrösste Teil in die Rente. Die angekündigte grosse Rentenreform soll erst noch kommen. Vorerst erhalten Wahlgeschenke die Koalitionsfreundschaft.  

Die wahre Prüfung kommt erst 2027

Doch, so weitgehend schmerzfrei wie mit diesem Haushalt wird es nicht weitergehen. 2027 wird auch die Regierung Merz mit weniger Geld auskommen müssen, was heisst: sparen oder Steuern erhöhen. Sich auf solche Zumutungen zu einigen, das wird die wahre Prüfung sein.

Die grüne Haushaltspolitikerin Paula Piechotta nannte es gegenüber SRF den letzten Haushalt, der gerade noch funktioniert. Die ganz grossen Lücken aber, die kämen erst im nächsten Jahr. Dann also wird die Koalition beweisen müssen, dass sie auch Verzicht kann.

Simone Fatzer

Deutschland-Korrespondentin

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Simone Fatzer arbeitet seit 1998 für Radio SRF, unter anderem als Moderatorin der Sendung «Echo der Zeit» und als Dossierverantwortliche für Deutschland. Seit September 2021 ist sie Korrespondentin in Berlin.

Echo der Zeit, 28.11.25, 18 Uhr;liea

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